Seite 31 - lausebande-02-2014

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Titelthema :: Seite 31
Grundschullehrerin und Autorin Ute Andresen ist Initiatorin
der Allianz für die Handschrift.
Der Bleistift kann nicht abstürzen.
Frau Andresen, wel-
che Erinnerungen ha-
ben Sie persönlich an
den Schreibunterricht?
Wir ha-
ben kurz nach dem Krieg auf der
Schiefertafel schreiben gelernt
und die Klasse war viel zu groß.
Wir lernten gleich Schreibschrift,
haben aber viel zu wenig üben
können. Ich war dann sehr lan-
ge mit meiner Handschrift eben-
so unzufrieden wie meine Lehrer.
Darum habe ich meinen Schulkin-
dern später die Chance gegeben,
möglichst gut schreiben zu lernen.
Was halten Sie von der Grund-
schrift?
Nichts! Die Grundschrift
selbst ist weder ästhetisch noch
entwicklungsfähig. Und das Lern-
konzept der Grundschrift mutet
den Kindern zu, sich die Schrift
im Wesentlichen autodidaktisch
anzueignen. Dass dies vorteil-
haft wäre, ist gänzlich unbewie-
sen. Aber alles, was ich erfahren
habe und weiß, spricht dagegen.
Die Einführung der Grundschrift
jetzt, vor jeder wissenschaftlich
begleiteten Erprobung, halte ich
daher für leichtfertig. Unsere Kin-
der werden so zu Versuchskanin-
chen gemacht.
Der Grundschulverband sieht in
der Grundschrift eine Art evolu-
tionäre Weiterentwicklung der
Schreibschrift. Sollten wir diesen
Schritt nicht wagen?
Nein! Es han-
delt sich auch nicht um eine evo-
lutionäre Entwicklung, sondern
um einen gewaltsamen Eingriff
in den Schulunterricht und unse-
re Schriftkultur. An der Entwick-
lung der Schulausgangsschrift
waren Schriftexperten beteiligt
und in ihr Lernkonzept sind die
Erfahrungen von Generationen
von Lehrern eingegangen. Bei ih-
rer Aneignung wird auf Anleitung
und gründliche Übung gesetzt.
Schon die Vereinfachte Ausgangs-
schrift ist von einer kleinen Grup-
pe im Grundschulverband ausge-
klügelt und durchgesetzt worden
– mit Versprechungen, die sich
nie erfüllt haben. Ähnliches ge-
schieht jetzt mit der Grundschrift,
und ähnliche Enttäuschungen
sind zu erwarten. Der Einführung
einer neuen Anfangsschrift müss-
te eine breite Erprobung und Dis-
kussion in den Wissenschaften,
der Schulpraxis und der Öffent-
lichkeit vorausgehen. Dann kann
man auch die Eltern mitnehmen.
Sie haben berechtigte Bedenken,
die unbedingt ernst genommen
werden müssen.
Welche Bedenken sind das?
El-
tern wollen ihren Kindern hel-
fen, ihre Aufgaben möglichst gut
zu machen. Dazu müssen sie die
Schrift, die die Kinder schreiben
sollen, selbst beherrschen. Der Är-
ger der Eltern entsteht genau an
dieser Stelle. Für Erstklässler ist
die Schule ihr erster Beruf. Den
möchten sie mit möglichst mini-
maler Hilfe durch die Eltern be-
wältigen. Und sie möchten mit
ihrem Können von ihren Eltern
respektiert werden. Wenn Lehrer
und Eltern aber nicht dasselbe von
ihnen erwarten, dann ist der Streit
zu Hause vorprogrammiert.
Welchen Einfluss hat die geschrie-
bene Schrift auf das Lernen?
Was man flüssig mit der Hand
schreibt, prägt sich besser ein.
Aber es muss auch lesbar, über-
sichtlich und verständlich sein.
Erst wenn man so geläufig
schreibt, dass man Handschrift
genauso mühelos gebraucht wie
die eigene Stimme, erst dann
kann sich das Gehirn frei um In-
halt, Formulierung und Anord-
nung kümmern. Schrift muss –
integriert mit der Rechtschreibung
– sicher automatisiert werden,
damit der Kopf frei wird für den
Ausdruck der Gedanken. Die kur-
siv verbundenen Schriften haben
sich im Lauf der Jahrhunderte als
Schriften genau dafür entwickelt.
Wer eine flüssige Handschrift hat,
kann man auch bessere Texte sch-
reiben.
Inwiefern werden handgeschrie-
bene Texte besser?
[... online weiterleisen].
»
Das ausführliche Interview
lesen Sie in unter
www.lausebande.de