lausebande_2020-02_ebook
Kolumne :: Seite 64 lausitzDADDY Innenansichten eines verzweifelten Vaters ein oder anderen Teil, so wie ich es gewohnt war, die Qualität fühlte, spürte ich es plötzlich. Im zu dieser Zeit lichten Kaufhaus mutierten die umstehenden Frauen zu einer Art ferngesteuerter Überwachungseinheit. Bei zwei von ihnen fehlte nur noch das rot blinkende Auge und sie wären mit ihren ernsten, kantigen Gesichtern glatt als weibliche Version des T-800 durchgegangen, dem Alter Ego von Schwarzenegger in „Terminator“. Ich musste immer wieder auf mein Handy starren und das passende Teil aufspüren. Zwei weitere Damen blieben unweit stehen und schlossen sich der Galeria- Bürgerwehr an. Nun wurde auch die Fachverkäuferin auf mich aufmerksam. Ich begann zu schwitzen. Da sah ich endlich den Ständer mit den BHs, die auf dem Handy so harmlos wirkten. Gleich ist es überstanden, dachte ich. Leider hatte ich die Rechnung ohne die vielen Größen und unterschiedlichen Einlagen ge- macht. Ich hasste Calvin Klein. Hätte der nicht einen Universalträger erfinden können, der wie ein Basecap immer passt? Bei der schnellen Durchsicht der Bügel rutschten mir natürlich ein paar Teile vom Halter. Als ich hochroten Kopfes vom Boden auftauchte, stand überraschend Miss Galeria vor mir, zornige 100 Kilo Fachverkäuferin auf 1,55 Meter Körperhöhe kompri- miert. Was der Herr hier suche? Und die offensichtli- che Erregung sei fehl am Platze. Kennen Sie das, wenn Erdmännchen auf ihren Hügeln die Hälse recken und nach Feinden spähen. Genauso starrte die weibliche Überwachungseinheit aus den Gängen auf Miss Gale- ria und mich herüber. Ich stammelte etwas von meiner Kleinen, einem Auftritt und Calvin Klein in rosa. Es war ein Drama. Jeder Arzt hätte mich, der mit Kom- munikation sein Geld verdient, sicher sofort unheilbar berufsunfähig geschrieben. ZumGlück klingelte in die- sem Moment mein Handy: meine Kleine war dran. Ich stellte gleich laut. Ob ich mich zurecht finde? Schließ- lich sei das nicht so einfach, bei all den Größen, Papi. Miss Galeria schmolz dahin wie Butter, half mir sofort bei der Suche und winkte den umstehenden Damen: Nur ein verzweifelter PAPI! Augenblicklich wechselte die starrende Überwachungseinheit den Blick, als wäre ich ein verletztes Panda-Junges. Aus dem Perversling wurde der liebenswerte Familienheld an der Seite Cal- vin Kleins. Meine Kleine empfing mich zu Hause schon ungeduldig und sagte zu meiner bessere Hälfte: Siehs- te, unsere Shopping Queen schafft das, hab ich doch gesagt. Wenn sie nur wüsste ... Euer lausitzDADDY Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet ich beim Shoppen mal an meine Grenzen gerate. Bei uns zu Hause herrscht nämlich verkehr- te Welt, wenn es ums stundenlange Bummeln durch Boutiquen geht. Meine bessere Hälfte bekommt schon nach wenigen Sekunden in einem Geschäft nervöse Beine und jagt ihre Kleidung mehr, als dass sie ein- kauft. Meist probiert sie ihre Teile gar nicht erst an. Sie hält sie einmal vorm Spiegel neben sich. „Passt“. Ein Hochgeschwindigkeitseinkauf unter drei Minuten vom Betreten eines Geschäfts, fliegender Anprobe mit „Passt“, Gang zur Kasse und Verlassen des Ladens ist bei ihr keine Seltenheit. Vampir-Shoppen nenne ich das immer. Könnte sie sich noch einen Tick schnel- ler bewegen, hätten nach ihrem Besuch alle anderen Frauen im Laden eine heftige Fönwelle, an deren Lage man den Spurt meiner besseren Hälfte durchs Geschäft nachvollziehen könnte. Ich kann dagegen stunden- lang suchen, sammeln, überstreifen, bewerten, noch- mal überstreifen. In unserer Beziehung war ich schon immer die Shopping Queen. So dachte ich mir auch nichts dabei, als mich eines Feierabends auf demWeg nach Hause der Notruf meiner besseren Hälfte ereilte: meine Kleine brauchte dringend für einen abendlichen Auftritt einen BH. Die anderen seien in der Wäsche. Sie schickte drei Bilder. Rosa und von Calvin Klein, samt Größe, das sollte für die Shopping Queen im Haus doch reichen. Natürlich, schrieb ich zurück, kein Ding fürn Unterwäscheking. Zehn Minuten später stolzierte ich in die Damenwäscheabteilung von Galeria, oder Karstadt, oder Galeria Kaufhof ... ich glaube, die wis- sen dort selbst nicht mehr, wie sie richtig heißen. Mir wurde dafür schnell klar, dass nach 19 Uhr nicht die richtige Zeit für einen mittelalten Mann ist, um sich in Mädchenunterwäsche zu üben. Als ich mit neugie- rigem Blick durch die Abteilung streifte und bei dem Noch nicht genug gelacht? Alle Kolumnen zum Nachlesen unter www.lausebande.de
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