lausebande-02 -2021
Titelthema :: Seite 94 und man die besten Lösungen im Unterricht dann länderübergrei- fend nutzt. Welche Lösungen sieht die Wissen- schaft für mehr digitale Medienkom- petenz in Bildungseinrichtungen? Der beste Weg erscheint mir, mehr experimentell mit digitalen Medien im Unterricht Dinge zu erproben, und dabei mit Schülern und Eltern zu sprechen, was gut funktioniert, wo Grenzen sind, was weniger ziel- führend ist. Erproben, Erfahrungen machen, darüber sprechen. Genau das erforschen Sie am Lear- ning Lab. Gibt es bereits erste Er- kenntnisse, welche Potenziale die Digitalisierung für Lehre und Ler- nen an der Schule bietet? Gibt es Methoden/ Konzepte/ Werkzeuge, die besonders geeignet sind? Ja, dazu liegen mittlerweile um- fangreiche Erkenntnisse vor. Digi- tale Medien sind ja nicht nur Über- mittler von Informationen, wie das Schulbuch, sondern sie ermögli- chen das aktive Umgehen und Bear- beiten von Informationen, auch mit anderen zusammen. Digitale Medi- en werden dann zuWerkzeugen, die bei der Auseinandersetzung mit den Inhalten beitragen können. Je nach Fach kann das ganz unterschiedlich aussehen, aber für alle Fächer gibt es spannende Ansätze. Im Dezember sind die Schu- len zum zweiten Mal ge- schlossen worden. Wie ist Ihr Ein- druck? Sind Schüler, Eltern und Lehrer dieses Mal besser auf den Fernunterricht eingestellt? Ich habe nicht den Eindruck, dass es innerhalb der kurzen Zeit zu tat- sächlich grundlegenden Verände- rungen gekommen ist. Wir müssen bedenken: Hier geht es nicht ein- fach um Geld und um die Beschaf- fung von Technik. Es geht vielmehr um die Erprobung und Entwicklung neuer Handlungsroutinen im päda- gogischen Alltag, das dauert. Man hat den Eindruck, dass digi- tales Lernen an vielen Schulen nur während der Schließungen eine Rolle spielt – täuscht der Eindruck? Das Bild ist sehr uneinheitlich, es gibt sehr wohl Lehrkräfte und Schulen, die sich in dem Thema sehr engagieren. Die systemati- schen Bemühungen auf Landes- ebene sind allerdings tatsächlich nicht immer überzeugend und hin- reichend gewesen. Wo steht Deutschland beim Thema digitale Medienkompetenz von der Kita bis zum Schulabschluss im in- ternationalen Vergleich? Auch vor Corona war bekannt: Deutschland gehört im internatio- nalen Vergleich der Industrieländer weltweit zu den Schlusslichtern der Digitalisierung im Schulbereich. Variablen sind dabei etwa: Anteil der Lehrkräfte mit einer dienstli- chen E-Mail-Adresse oder Anteil der Schulen, die schulweit eine offizi- ell bereitgestellte Plattform nutzen und schließlich Anzahl der Stun- den mit einer zugelassenen Soft- ware für Videokonferenzen. Überall zeigt sich ein klares Bild, dass die Schulen nicht hinreichend vorbe- reitet waren für die Digitalisierung. Woran liegt es, dass Deutschland nicht besser dasteht? In Deutschland ist die Skepsis ge- genüber der Digitaltechnik in der Bildung und anderen Bereichen des öffentlichen Lebens tief verankert, da kommen Bedenken von Leh- renden oder Eltern zusammen und führen dazu, dass das Thema dann praktisch nicht vorwärtskommt. Dabei ist das Digitale keineswegs immer gut oder immer die bessere Lösung – alleine, wir müssen es in der Praxis erproben, um hierzu kla- rere Antworten zu erhalten. Welche Rolle spielt der Föderalis- mus – ist er eher hinderlich oder förderlich? Ich sehe das weder positiv noch negativ: Es wäre ja nicht falsch, wenn unterschiedliche Wege in den Ländern ausprobiert werden Für eine stärkere Digitalisierung der Bildung braucht es mehr Offenheit von Eltern und Lehrern, sagt Prof. Dr. Michael Kerres, Professor für Mediendi- daktik. Er leitet das Learning Lab der Universität Duisburg-Essen, das Inno- vationen für die Digitalisierung der Bildung erprobt und erforscht. Im Inter- view erklärt, warum Deutschland beim Thema international hinterherhinkt und warum Digitalisierung kein Allheilmittel ist. Die Schulen sind für die Digitalisie- rung nicht hinreichend vorbereitet Foto: Klaus Schwarten
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