Seite 35 - lausebande-03-2013

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Interview :: Seite 35
gerne Kranke. Man trifft sich lieber mit Gesunden und
ärgert sich gemeinsam über die Parkplatzsituation.
Wenn man mal auf der anderen Seite war, weiß man
wie schnell das gehen kann. Ich genieße mein Leben,
ohne es zu ruinieren. Als ich in der Krankenwelt war,
habe ich gelernt, dass ich den Gesunden den Weg zu
mir ebnen muss. Wenn ich meinem Besuch zeige,
das Leben geht weiter und auch mal lache, möchten
sie eher bei mir sein. Als ich linksseitig gelähmt war,
habe ich Blödsinn gemacht und die Menschen zum
Lachen gebracht. Sie haben gemerkt, dass sie keine
betretene Mine machen müssen. Das hat ihnen den
Umgang mit mir erleichtert.
Was ist, neben den Besuchen, wenn man krank ist,
das Beste daran, eine Familie zu haben?
Familie ist ganz, ganz wichtig. Es gibt natürlich auch
Familien, in denen es nicht so gut funktioniert. Man
kann das Familienglück nicht erzwingen. Wenn man
einen Bruder hat, den man nicht leiden kann, dann
geht Bruderliebe nicht über alles. Aber man kann da-
rüber nachdenken, ob es nicht an einem selbst liegt.
Meinen Bruder und mich verbindet eine ganz große
Liebe. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir uns
jemals gestritten haben. Auch wenn wir uns relativ
selten sehen – wir sind Freunde. Wenn es mal Krach
in einer Familie gibt, ist das normal. Vor allem, wenn
dann die Pubertät kommt. Da war ich selber auch
nicht der Umgänglichste. Eine Familie ist wie eine Be-
ziehung: Es bedeutet Arbeit. Ich kann nicht immer er-
warten, dass meine Süße, wenn ich nach Hause kom-
me, im sexy Pomp rumsitzt, sensationell gekocht hat
und die Hütte ist sauber. Vielleicht will sie ja auch,
dass ich nach Hause komme, aussehe wie Brad Pitt
und lustig drauf bin.
Wie kann man sich Lichters Familienküche vorstel-
len? Dürfen die anderen mitkochen oder werden sie
zum Putzen verdonnert?
Ich habe schon in der Lehre gelernt, dass das Wich-
tigste ist, das nach jedem Arbeitsschritt sauber ge-
macht wird. Wenn ich gekocht habe, stehen danach
keine Berge herum. Ich mag es sauber. Wenn jemand
anderes für mich kocht, braucht der keine Angst ha-
ben, dass ich da eingreife oder meckere.
Wie können Eltern Genuss und gesundes Essen für
Ihre Kinder vereinen?
Das ist relativ schwierig. Ich denke, indemman nichts
verbietet. Was man verbietet, wird interessanter. Ich
gehe auch mal Fast Food essen, da mache ich kein
Geheimnis draus. Nur ich esse das nicht täglich, son-
dern ich habe alle paar Monate Lust darauf. Ich weiß
aber auch, wie Möhren schmecken, wenn ich die sel-
ber geschält und geschnibbelt habe, mit ein bisschen
Bütterchen. Die Mischung macht es.
Ihr Lieblingsrezept für Kinder?
Zusammen in der Küche rumhantieren. Dann kann
man sie automatisch beeinflussen, ohne, dass sie es
merken. Ansonsten gibt es kein wirkliches Lieblings-
gericht für Kinder. Ich persönlich liebe Kartoffelpüree.
Was können Sie frisch gebackenen Eltern ansonsten
raten?
Man sollte seine Kinder nicht zu sehr verwöhnen,
aber auch nicht zu viel verbieten. Wenn man über-
legt, was einem selbst gut getan hat, was weniger,
dann findet man einen Mittelweg. Wenn die Kinder
nerven, kann man kurz in sich hineinhören: Haben
die Kinder schuld oder bin ich einfach nur gestresst?
Ansonsten steigert sich das schnell wie ein Tsunami
und jeder trägt seinen Teil dazu bei. Wenn man klare
Linien zieht, klappt das schon. Kinder müssen auch
erzogen werden. Ich kann diese antiautoritäre Erzie-
hung nicht leiden. Das ist Quatsch, da kann man als
Elternteil schnell ins Hintertreffen geraten.
www.horst-lichter.de
Jetzt kocht er auch noch!
7.4.2013, Stadthalle Cottbus
Horst Lichter