Magazin :: Seite 46
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
packten, war die Vorfreude ganz weg. Ob das weh
tut? Nein, sagte ich, das zwickt nur kurz. Woher ich
das wisse? Na, weil Papas sowas wissen. So ging es
hin und her, bis sie mich schließlich überredet hatte,
ihr zu zeigen, dass es nur kurz zwickt. Wie schaffen
Kinder das nur? Jedenfalls fand ich mich im Stuhl in
der Ladenecke wieder und Helga samt Kollegin setz-
ten an meinen Ohren die Pistolen an und schossen
drauf los. Boah! Ich fühlte eine Explosion in meinen
unschuldigen Ohrläppchen, tat aber „ganz Mann“
unbeeindruckt vor meiner Kleinen. „Siehst du, tut
doch gar nicht weh“ quälte ich mir ein Lächeln ab.
Die Käferohrringe pulsierten in meinen Ohren, im
Laden hatte sich zwischenzeitlich eine kleine Zu-
schauerkulisse eingefunden. Jedenfalls hatte ich
bewiesen, wie toll und einfach das ist – glaubte ich
bis dahin. Die Verkäuferinnen wollten nun wie ge-
plant die Ohrringe wieder entfernen und dann bei
meiner Kleinen einschießen. Was für ein Schmerz!
Die Dinger bewegten sich kein Stück aus meinen
Ohrläppchen und mir wurde schwarz vor Augen. Es
half nichts, die Verkäuferinnen gaben nach einigen
Minuten auf. Ich verließ hochrot mit meiner Kleinen
und schicken Marienkäfern an den Ohren den La-
den. Stolz erzählte sie auf dem Rückweg jedem von
ihren neuen Ohrringen, die nun der Papa heimträgt.
Verdammt viele Leute hörten ihr belustigt zu – und
betrachteten mich dann recht skeptisch. Das große
Drama passierte aber in der Straßenbahn. Ich hatte
meine Geldbörse bei allem Stress im Laden liegen
lassen und merkte das erst nach der Abfahrt vorm
Kartenautomaten. Ausgerechnet an diesem Tag
kam auch noch ein missgelaunter Kontrolleur, dem
ich meine Geschichte erzählen musste und auf Ver-
ständnis hoffte. Die gesamte Straßenbahn schwieg.
So was Blödes hätte er noch nie gehört, sagte der
Kollege schließlich unter beifälligem Nicken der
Fahrgäste. Irgendwie musste ich ihm ja Recht geben.
Den Nachmittag verbrachten wir dann beimHNO-Be-
reitschaftsarzt, der meiner Kleinen absolut schmerz-
frei zu Ohrlöchern verhalf und die Käfer sozusagen
von mir zu ihr transplantierte. „Mensch Papa, wegen
dem pippi machst du so einen Aufstand“, bekam ich
auf den Heimweg von ihr auch noch den Rest – mit
dem Zusatz: „du kannst dich ja Zuhause aufs Ohr
hauen. Hihi“.
Euer lausitzDADDY
Liebe Frauen, seit dem vergangenen Monat
weiß ich, wie hart ihr tatsächlich im Neh-
men seit. Ausgerechnet meine Kleine hat
mir diesen Einblick verschafft – auch wenn ich mir
das im Nachhinein gern erspart hätte.
Alles begann vor einem Jahr mit dem Wunsch mei-
ner Kleinen nach Ohrringen. Über ein Jahr hinweg
retteten wir uns mit Plüschtieren und allerlei Ab-
lenkungen immer wieder aus der Ohrringdebat-
te, aber Ohrringe sind für kleine Töchter, was das
Smartphone für pubertierende Teenies. Mit dem
gut trainierten Kullerblick eines frisch geschlüpften
Robbenbabys nötigte unsere Kleine uns schließlich
das Versprechen ab, ihr bei einem guten Halbjah-
reszeugnis endlich die ersehten ersten Ohrringe zu
holen. Das Zeugnis hätte besser nicht sein können
– und so wurde für einen Samstag der große Tag an-
gesetzt. Ausgerechnet dieser Tag begann für meine
bessere Hälfte mit starken Bauchschmerzen – aber
noch mehr schmerzten die Kullertränen unserer
Kleinen, als wir wagten, eine Terminverschiebung
des großen Tags zu diskutieren. „Papa macht das
schon“ warf ich mich schließlich nach vorn und au-
genblicklich schien meiner Kleinen die Sonne aus
dem Gesicht. Voller Vorfreude überredete sie mich,
das wir heute auch die Straßenbahn nehmen, damit
auf dem Rückweg möglichst viele Leute ihre ersten
Ohrringe sehen können. Im Schmuckladen eines
Einkaufszentrums hatte sie schon vor Monaten ihre
Wahl getroffen: niedliche Marienkäfer sollten es
zur Premiere sein. Die ältere Verkäuferin sah meine
Kleine nachdenklich an und rief in einen Hinter-
raum: „Helga, hol mal die Ohrpistolen“. Beim Wort
„Pistolen“ schaute meine Kleine plötzlich skeptisch
und als die Damen die Ohrlochschießgeräte aus-
Noch nicht genug gelacht?
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