lausebande_100.Ausgabe_ebook

Kolumne Best-Of ‹ 85 Im April bin ich vom Bürohengst zum bekann- testen Seebären am Scharmützelsee geworden. Schuld war ein Familienausflug und wieder einmal mein väterlicher Großmut, wenigstens bei Freizeitunterneh- mungen das Chefchen unserer kleinen Sippe heraushän- gen zu lassen. Alles begann mit den ersten sonnigen Tagen im Ap- ril und meinem heldenhaften Vorschlag, spontan ein Wochenende an den See zu fahren. ich hatte ein super Appartment organisiert, mit Blick auf den See, gelegen an einem kleinen Hafen samt Bootsverleih direkt am Seeufer. Als wir das erste mal am Ufer lang spazierten, tuckerte gerade eine Familie mit einem Motorboot los, und das Söhnchen übernahm sogar das Steuer. Mein Ju- nior bekam große Augen und wollte auch sofort in See stechen. Während meine bessere Hälfte eher skeptisch dreinschaute, erwachte Indiana Jones in mir. Klar, ma- chen wir, das größte Motorboot ist uneres. Tatsächlich durfte man die Motorboote ohne Führerschein fahren. Eine kurze Einweisung vom Chef des Bootsverleihs, mit Hinweis auf Notrufnummer und eine Box mit einem Paddel, falls der Motor mal ausfällt, schreckte uns nicht ab. Frauchen blieb mit unserem Vierbeiner am Ufer, während ich mit den Kids in See stach. Mein Junior über- nahm nach der Hafenausfahrt das Steuer und düste quer über den See, nach einer halben Stunde waren wir am anderen Ende angelangt und schauten uns die schicken Villen am Seeufer an. Da so ein Motorboot aber auch einen stolzen Stundenpreis hatte, übernahm ich dann irgendwann das Steuer und wollte schurstracks wieder zurück. Ganz Mann zog ich ein paar scharfe Kurven und Furchen ins Wasser, meine Kids jauchzten – und plötz- lich soff der Motor ab. Nix ging mehr, bei zig Startver- suchen verstummte das Teil nach einem kurzen Röhren wieder. Verdammt. Bei der Einweisung hatte uns der Hafenkäptn auf die Notrufnummer hingewiesen, die groß unterm Steuer prangte. „Wenn der Motor mal ab- säuft und nicht mehr geht, einfach durchrufen, dann hole ich euch ab.“ Und mein Handy war in dem Ruck- sack, der bei Frau und Hund zurückgeblieben war. Wir waren allein auf See – und Papa war schuld. Mein Ju- nior lehnte sich zurück und sagte mit einem Blick auf die kleine Box „Papa, na dann viel Spaß beim Paddeln“. Das Paddel war winzig. Schon nach 5 Minuten war ich durchgeschwitzt. Wir paddelten am Ufer entlang, als auf einmal zwei Schwäne aus dem Schilf geschossen ka- men, man waren die schnell. Ich hatte uns mitten in ein Brutgebiet navigiert. Wie im Comic rotierte ich mit dem viel zu kurzen Paddel auf der Flucht vor den bedrohlich wirkenden Schwänen, angefeuert von meinen beiden Kids. Ausgerechnet in diesem Moment passierte uns ein Fahrgastsschiff mit reichlich Asiaten an Bord, die sofort ihre Kameras zückten und den Hochleistungspaddler im Motorboot für eine Kuriosität hielten. Das gesamte Ober- deck applaudierte und feuerte mich an. Die Schwäne lie- ßen vom Spektakel verwirrt schließlich von uns ab. Nach drei Stunden paddeln waren wir wieder zurück am Hafen. Zu allem Übel gab es noch eine Strafzahlung, weil das Boot eigentlich schon seit zwei Stunden für andere Gäste reserviert war. Mein Junior handelte aber mit dem Spruch „Wir haben doch gar kein Benzin verbraucht, das hat doch unser cleverer Papa übernommen“ noch 10 Euro Nachlass aus. Ich schleppte mich mit Gummiarmen ins Appartment. Das Wochenende war gelaufen. Bis wir am nächsten Tag zum Frühstück ins Café der Fe- riensiedlung einliefen und der ganze Saal jubelte. Offen- sichtlich hatte jemand vomOberdeck des Fahrgastschiffes ein Video im Web hochgeladen, Titel: „Auf Schwanen- flucht“. Über Nacht gab es mehr als 100.000 Klicks und die Feriensiedlung landete im RTL Morgenmagazin. Der Kollege vom ausgebuchten Bootsverleih empfing mich später wie einen guten Freund und stellte unserer Familie einen ganzen Tag kostenfrei ein Tretboot zur Verfügung – mit der Form eines weißen Schwans. Die Passanten zück- ten wieder die Kameras und für meine Kids war ich plötz- lich der große Held und Seebär. Euer lausitzDADDY Ich erinnere mich noch genau an den lausitzDADDY aus dem Mai 2015. Damals half mir die stets bemühte Vaterfigur über eine schwierige Zeit, als ich nach einer Operation recht niedergeschlagen Zeit im Kranken- haus und auf der Reha verbrachte. Es ist eine typische Geschichte, in der der lausitzDADDY alles für seine Familie gibt, seine bessere Hälfte letztendlich ein weiteres Kind zu versorgen hat, und bei der am Ende doch alles gut wird. Edelgard Luckfield-Koal

RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxMjA2