lausebande_100.Ausgabe_ebook
88 › Kolumne Best-Of Als Vater fühlt man sich im Haushalt meist wie ein Legastheniker vor einer Buchstabensuppe. Es kommt einem zwar alles bekannt vor, aber die Zuord- nung von Aufgaben und Inhalten des heimischen Haus- halts trifft bei uns doch meist auf die Unbeholfenheit eines 5-jährigen, der nach vier Jahren Klettverschluss seine neuen Schuhe per Schleife binden soll. Ein Beispiel für diese Überforderung brachte gleich der Start ins neue Jahr mit sich. Weihnachten und Jahreswechsel sorgen in unserer kleinen Großfamilie, die dazu noch Patchwork ist, immer für mächtigen Trubel. Kinder werden ein- und ausgeparkt, Verwandte besucht, zwischendurch will man auch noch entspannen. Pünktlich zu Neujahr ist dann al- les wieder eingeflogen – und sorgte im Bad für einen un- überwindlichen Wäscheberg, in dem eine Hundertschaft Waschbären ein Tunnelsystem hätte errichten können. Ich beschloss spontan, künftig nur noch Wendeshirts und kürzlich entdeckte Socken mit Silberfäden und Ven- tilationsstrick zu tragen, die auch nach mehreren Tagen Tragezeit nicht riechen sollen. Während ich auch noch meine frischen Sachen mit Angstschweiß durchnässte, nahm meine bessere Hälfte unbeeindruckt den Kampf auf. Nebenbei machte sie auch Essen, die Kinderzimmer, schrieb drei Konzepte und räumte den Keller auf. Pfffft. Ich musste erstmal Durchatmen. Voller guter Vorsätze hatte ich die Aufgabe übernommen, die Wäsche auf dem Boden aufzuhängen und am kommenden Tag zusam- menzulegen und einzusortieren. Jede Stunde stiefelte ich mit einem Korb auf den Dachboden. Am Abend be- reute ich, das vorher nicht als Guiness-Rekord angemel- det zu haben. Während beim Rekordversuch im mexika- nischen Toluca nur 70.000 gewaschene Kleidungsstücke anWäscheleinen über 40 Kilometer geklammert wurden, hatte ich nach viermaligem Umhängen (Männer müssen ja immer nachjustieren) zusammen mit den kleinen Wä- scheständern voller Socken mindestens einmal die Welt umrundet. Erschöpft sank ich abends aufs Sofa und war stolz wie Bolle auf meine einmalige Leistung. Das wirkliche Ausmaß meines freiwilligen Haushalts- Jahresstarts ereilte mich erst am Folgetag. Wäsche ab- nehmen und wegräumen – pah, für Superdaddy doch kein Problem, dachte ich. Bei den Shirts & Hosen fühlte ich mich ja noch bestätigt. Aber dann kamen die Socken. Socken von sechs verschiedenen Haushaltsinsassen, von denen vier über ähnliche Formate und Größen verfügen (zumindest beim Betrachten eines nur Teilzeithaushalts- beschäftigen wie mir). Alles durcheinander! Da braucht olle Sisiphos mit seiner Steinkullerei nicht mehr anzu- geben. Mühsam sortierte ich Socken und fühlte mich bei der Identifikation zueinander gehöriger Paare wie Horatio Caine bei CSI Miami. Das gesamte Wohnzim- mer-Sofa war nach einem halben Nachmittag mit Paa- ren oder Noch-Einzelgängern übersät, als ich bei einem Kaffee nebenan verschnaufen musste. Als ich zurück kam, spielten meine beiden Kleinen – gerade in einer spielerischen Verniedlichungsphase befindlich – „Socki Springi“. Dieses Spiel bestand daraus, Anlauf zu neh- men und mit Padautz mitten in die Socken-Armee auf das Sofa zu springen. Freudestrahlend führten sie mir das extra noch einmal vor – aus meiner kriminalistisch zusammengesetzten Sockenanordnung war längst eine bunte Socken-Soljanka geworden. Es gibt Situationen, in denen ein Vater wirklich sehr viel Liebe aufbringen muss. Dies war eine solche. Verständnislos sahen mich die Kleinen an, warum „Socki Springi“ so traurig macht. Ich ergab mich in mein Schicksal und sagte nur, dass Papa jetzt wieder „Socki Sortieri“ darf und mir dieses Spiel gar keinen Spaß macht. Zumindest habe ich dazu gelernt und weiß jetzt, dass ich eine Arbeit im Haushalt vor der Pause erstmal beenden sollte. Und ich weiß auch genau, dass jede lesende Mutter genau an dieser Stelle wissend mit dem Kopf genickt hat – und sich genau den gleichen Erkenntnisprozess für ihren Teilzeithaushalts- helfer wünscht! Euer lausitzDADDY Ich erinnere mich bis heute immer wieder an einen der ersten lausitzDADDYS. Zumindest jedes Mal dann, wenn ich zu Hause nach der Wäsche die Socken richtig sortieren darf. Die Geschichte aus dem Februar 2012 ist eine herrliche Momentaufnahme und beschreibt einfach toll das Socken-Chaos, dem auch ich oft begegne. Allein der Begriff „Socken-Soljanka“ … ich habe mich köstlich (!) amüsiert! Steffen Meisel
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