lausebande-03-2023

Als mein Mann und ich noch zu zweit waren, ließen wir die Kochlöffel gern mal Kochlöffel sein und gönnten uns ein Candle-Light-Dinner in einer guten Gaststätte. Als wir zu dritt waren, tauschten wir den Kochlöffel gegen den Breilöffel und Restaurantbesuche schienen für uns so weit weg wie acht Stunden Schlaf am Stück. Als der Junior allein auf zwei Beinen stehen und einen Löffel halten konnte, wagten wir das erste Mal wieder den Besuch eines Restaurants. Nun ja, das gemeinsame Essengehen hatte nicht mehr viel zu tun mit dem, was wir einst gewohnt waren. Zwischen Windelwechseln, Kind füttern und Nudeln vom Boden aufklauben, gelang es uns gelegentlich, selbst etwas zu essen, wenn auch mittlerweile lauwarm. Als Kind zwei und bald Kind drei folgten, begrenzten wir die Restaurantbesuche auf das Nötigste oder verlegten sie in den Sommerurlaub. Dort gab es Biergärten, die es unseren Zwergen unkompliziert ermöglichten, die Wartezeit nicht still am Tisch sitzend zu überbrücken. Und wir wussten: Hier kennt man uns nicht. Dass auch das ein Vorteil sein kann, wusste ich, seit mir ein Bekannter von seinem letzten Familienbesuch im Restaurant erzählt hatte: Das Jüngste seiner drei Kinder hatte direkt nach der Mahlzeit die selbige wieder hinaus befördert – auf dem gleichen Weg, auf dem sie zuvor den Weg in den kleinen Körper gefunden hatte. Nicht eben das schönste Kompliment für den Koch. Seitdem mied mein Bekannter die Gaststätte, die quasi vor seiner Haustür lag. Ein Mal noch unternahmen mein Mann und ich den Versuch eines romantischen Essens und bestellten für unseren Hochzeitstag einen Tisch – zu zweit! Die beiden Großen hatten wir guten Gewissens in der Kita geparkt. Die Jüngste – so der Plan – sollte das Essen friedlich im Kinderwagen vor der Gaststätte verschlafen. Da eine unserer ersten Eltern-Lektionen darin bestand, dass man mit Kindern keine Pläne zu machen braucht, hatte ich bereits im Vorfeld ein ungutes Gefühl. Dennoch sorgte ich voller Optimismus dafür, dass das Kind zum Zeitpunkt des Essens satt und müde ist. Das Ende vom Lied: Wir nahmen unsere Mahlzeit abwechselnd und in Etappen ein. Einer aß, während der andere das Kind draußen wieder in den Schlaf schaukelte. Seitdem gehen wir doch wieder mit den Kindern essen. Proportional mit der Zahl der Kinder nahm die Menge der umgekippten Gläser und der auf dem Boden liegenden Essensreste zu. Glücklicherweise sind die lieben Kleinen nun so groß, dass diese Mengen wieder rückläufig sind. Das mit dem entspannten Einnehmen des Essens müssen wir allerdings noch üben. Bei unserem letzten Gaststättenbesuch hatten wir die Regeln auf dem Weg in die heiligen Hallen noch mal durchgesprochen (nicht streiten, nicht kleckern, nicht schreien, nicht rennen). Die erste Regel hatten sie bereits ad acta gelegt, als wir zu unserem Tisch geführt wurden: „ICHwill neben Mama sitzen!“ – „Nein ich, du durftest beim letztenMal!“ Als wir den Disput mit einer Mischung aus Machtwort und Kompromiss glücklicherweise schnell beilegen konnten, begann die nicht ganz einfache Auswahl des Essens. Ja, auch unsere Kinder könnten früh, mittags und abends Nudeln essen. Erfahrungsgemäß endet der Restaurantbesuch aber immer damit, dass die Sauce oder die Nudelsorte falsch ist undmein Essen viel reizvoller ist („Mama, wieso bekommst du immer das leckerste?“). Sie bestellten dennoch Nudeln. Als alle ihren Teller hatten und jeder bei jedem gekostet hatte, wurde unsere Nahrungsaufnahme das erste Mal unterbrochen: „Mama, ich muss mal.“ Der Große verschwand auf Toilette – immerhin selbständig, so dass wir weiteressen konnten. Zwei Minuten später folgte die Mittlere, die noch Unterstützung braucht: „Ich muss pullern“. Als sie und mein Mann wieder am Tisch saßen, folgte erwartungsgemäß Kind drei: „Ich muss auch pullern.“ Mit einem bezirzenden Blick konnte ich erneut meinen Mann als Begleitperson engagieren. Wieder zurück am Tisch, verkündete die Jüngste stolz und für alle gut hörbar: „Mama, ich hab gekackt.“ Dann aß sie meine Kartoffeln auf und ich ihre kalten Nudeln. Lausitz-Mummy: Tischgebete

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