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Titelthema :: Seite 27
Dr. Eckhardt Lindner ist Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin.
Seine zusätzlichen Qualifikationen sind Allergologie und Pädiatrische
Pneumologie. Außerdem ist er Asthmatrainer.
„Schöne saubere Welt“
Interview mit Dr. Eckhardt Lindner
Herr Lindner, in den letz-
ten Jahren ist die Zahl
der Allergiker enorm ge-
stiegen. Ist das Einbildung oder
Tatsache?
Das ist tatsächlich so.
Man macht sich Gedanken, warum
das so sein mag. Eine These ist,
dass das Immunsystem mit den
natürlichen Feinden nicht mehr
ausreichend ausgelastet ist und
sich deshalb Stoffe sucht, die ei-
gentlich völlig harmlos sind. Frü-
her hatten die Kinder Würmer, da
hat das Immunsystem es manch-
mal gar nicht geschafft, damit fer-
tig zu werden. Heute hat man da-
für Allergieprobleme in dieser
schönen sauberen Welt.
Also ist mehr Schmutz eine Lö-
sung?
Es geht hier nicht um den
Dreck, es geht eher um sogenann-
te Ectotoxine, also Ausscheidun-
gen von Bakterien. Das sieht man
an Kindern, die auf Bauernhöfen
groß werden und unvermeidlicher
Weise mit mehr Schmutz in Berüh-
rung kommen. Der frühe Kontakt
mit diesen Stoffen scheint Allergi-
en vorzubeugen.
Aber es wird doch oft von Tieren
abgeraten, wenn es um Allergi-
en geht?
Das muss man differen-
ziert betrachten. Es gibt Tiere, wie
Katzen, die sind nicht hilfreich,
um das Immunsystem auszulas-
ten. Im Gegenteil: Katzen brin-
gen eher ein erhöhtes Risiko, Al-
lergien zu entwickeln, mit sich.
Hunde dagegen scheinen einen
gewissen Schutz dagegen hervor-
zurufen. Pferde sind auch sehr ag-
gressiv als Allergene.
Welche Allergien treten bei Kin-
dern am häufigsten auf?
Das
hängt vom Alter ab. Die Kleinen
fangen an mit Nahrungsmittelal-
lergien, teuflischer Weise meist
mit einer Milchallergie. Das pas-
siert häufig bei künstlicher Nah-
rung und ist immer eine Allergie
gegen Kuhmilch. Da kann man
mit Stillen vorbeugen. Wenn die
Kinder dann älter werden – zwei
bis drei Jahre – dann kommen die
sogenannten Aeroallergien, also
alles, was durch die Luft fliegt,
hinzu. Das sind im Wesentlichen
Hausstaubmilben, Tierhaare und
Pollen.
Wie kann ich mein Kind am bes-
ten vor einer Allergie schützen?
Die beste Vorbeugung ist Stillen
und das mindestens bis zum vier-
ten Monat. Wenn das überhaupt
nicht geht, gibt es hypoallergene
Nahrung, mit der das Allergieri-
siko zumindest vermindert wer-
den kann.
Und wenn mein Kind eine Aller-
gie hat – welche Behandlung ist
die beste? Was halten Sie von ho-
möopathischen Methoden?
Ich
stehe dem tolerant gegenüber.
Es gibt keine wissenschaftlichen
Nachweise über deren Wirksam-
keit. Wenn eine Mutter mir er-
zählt, sie würde homöopathische
Mittel verabreichen, versuche ich
sie nicht davon abzubringen, weil
man damit keinen Schaden an-
richtet. Aber ich würde nicht von
mir aus dazu raten. Es gibt ande-
re Wege, eine Allergie begleitend
zu unterstützen. Bei Neurodermi-
tis ist zum Beispiel nichts wich-
tiger als die richtige Basispflege.
Im Falle einer Hausstaubmilben-
allergie gibt es spezielle Matrat-
zenüberzüge, die auch die Kran-
kenkassen erstatten. Und bei
Heuschnupfen kann in der Pol-
lenflugzeit schon tägliches Haare
waschen zu einer Linderung füh-
ren. Das und Homöopathie sind je-
doch nur Methoden, die hilfreich
sein können, wenn man sinnvolle
und wirksame schulmedizinische
Behandlungen und Behandlungs-
optionen nicht außer Acht lässt.
Vielen Dank für das Gespräch
Herr Lindner.
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