lausebande-04-2018

Titelthema :: Seite 46 muss einen niedergelassenen Arzt finden, der das Kind regelmäßig behandelt und die Familie beglei- tet. Das kann der Kinderarzt sein oder aber auch ein Spezialist. Je nach Wohnort kann es erforder- lich sein, in einer anderen Stadt oder an einem Klinikum nach dem passenden Arzt zu suchen. So gibt es beispielsweise in ganz Brandenburg nur vier Kinderrheumatologen. Cottbus ist mit zwei Spezialisten gut versorgt, aber wer außerhalb ei- ner größeren Stadt wohnt, muss regelmäßig weite Wege auf sich nehmen. Üblicherweise müssen die kleinen Patienten mindestens einmal im Quartal zum Arzt, ggf. kommen noch Blutabnahmen hinzu, Ergotherapie oder Physiotherapie, oft mit Warte- zeiten in den Praxen verbunden. Die Termine müs- sen mit den Sprechzeiten, den Arbeitszeiten der Eltern und bei Schulkindern mit den Unterrichts- zeiten abgestimmt werden. Je nach Schwere und Art der Erkrankung geht die Diagnose mit einem Klinikaufenthalt einher. Manchmal geht es dem Kind bereits so schlecht, dass es in die Klinik eingewiesen wird oder das Kind muss unter ärztlicher Aufsicht auf bestimmte Medikamente eingestellt werden. Manche Kinder müssen danach nie wieder ins Krankenhaus, bei anderen macht die Krankheit immer wieder Klinik- aufenthalte erforderlich. Fast alle Kliniken ermög- lichen es, dass ein Elternteil während dieser Zeit beim Kind bleiben kann, die Kosten dafür überneh- men bis zu einem bestimmten Alter die Kranken- kassen. Sind noch jüngere Geschwisterkinder zu Hause zu betreuen, unterstützt ggf. ebenfalls die Krankenkasse mit einer Haushaltshilfe oder Kin- derbetreuung, im Idealfall können der andere El- ternteil oder Großeltern aushelfen. Wenn möglich, sollten auch die Geschwisterkinder ihre/n kranken Schwester/Bruder besuchen dürfen. Hinzu kommen Reha-Aufenthalte, die bei bestimm- ten Krankheitsbildern dem Kind und der Familie helfen können. Beantragt werden diese über die Krankenkasse. Etwa drei Prozent aller genehmigten Rehabilitationsmaßnahmen werden von Kindern oder Jugendlichen in Anspruch genommen. Beson- ders häufig fahren Kinder mit psychischen Auffäl- ligkeiten, mit Asthma und Neurodermitis zur Kur. Fast alle chronisch kranken Kinder brauchen eine medikamentöse Therapie. Das kann die Insulin- Gabe bei Diabetes sein, das Eincremen bei Neuro- dermitis oder in den meisten Fällen: die regelmäßi- ge Einnahme von Tabletten. Während eines akuten Krankheitsschubs sorgen die Medikamente für ein Abklingen der Symptome. Während der Ruhepha- sen einer Erkrankung sollen sie dafür sorgen, dass die Krankheit nicht wieder akut ausbricht. Für El- tern und Kind bedeuten die Medikamente Fluch und Segen zugleich. Segensreich ist, dass die Me- dikamente den jungen Patienten trotz Krankheit ein halbwegs normales Leben ermöglichen: dass sie (fast) alles essen dürfen, dass sie ihren Hobbys nachgehen können, dass sie auf Ausflügen mit- kommen können. Der Preis, den man dafür zahlt: Die Kinder müssen regelmäßig, in der Regel min- destens ein Mal täglich, Tabletten schlucken, sich spritzen oder sich eincremen. Unter Umständen ist es erforderlich, dass die Medikamente im Kinder- garten oder in der Schule eingenommen werden. Ältere Kinder können das vielleicht schon selbst- ständig. Jüngere Kinder brauchen Unterstützung durch einen Erwachsenen. Für die Eltern selbst ist das nur schwer umsetzbar. Wenn die Möglichkeit besteht, sollte mit der Einrichtung eine Vereinba- rung getroffen werden, dass der Lehrer oder Erzie- her das Medikament verabreicht. Manchmal ist es auch nötig, dafür einen Pflegedienst oder eine Ein- zelfallhilfe zu beantragen. Je nach Alter und Phase wird sich das Kind auch mal gegen seine Medizin wehren, es wird wütend oder genervt sein oder kann die Tabletten einfach nicht mehr sehen. Die zweite Herausforderung: Je- des Medikament hat Nebenwirkungen, die je nach Wirkstoff, Dosierung und Dauer der Einnahme vari- ieren. Ob und welche Nebenwirkungen tatsächlich eintreten, zeigt sich unter Umständen erst nach Jahren. Eltern können nach Alternativen Ausschau halten, doch in der Regel wissen die Ärzte ganz gut, welche Medikamente sich bewährt haben. Aufgrund all dieser Schwierigkeiten, die mit einer chronischen Erkrankung einher gehen können, gehört zur reinen Basistherapie der Krankheit auch eine psychosoziale Betreuung der Familien. Vie- le Kinderkliniken arbeiten aus diesem Grund mit einem psychosozialen Dienst zusammen, der Fa- milien nach der Diagnose zumindest phasenweise begleitet. In Beratungsgesprächen oder Therapien geht es darum, wie die Familie mit der Krankheit umgeht, wie sie ihr so viel Raum wie nötig und so wenig wie möglich einräumt, wie sie mit be- »

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