lausebande-04-2018
Titelthema :: Seite 48 Tatsächlich aber müssen sich Eltern selbst küm- mern, um die für sie richtigen Ansprechpartner zu finden. Was bisher fehlt, ist eine Art neutrale Lotsenstelle, die Familien über ihre Rechte und Ansprüche informiert. Bisher gibt es eine selbst für Fachleute kaum überschaubare Vielzahl an Akteuren und Ansprechpartnern: Krankenkassen, Pflegekassen, Rentenversicherungsträger, Sozial- versicherungsträger u.v.m.. Für einige Erkrankungen kann eine Patientenschu- lung sinnvoll sein. Diese gibt es z.B. für Asthma, Neurodermitis, Diabetes oder Rheuma. Dort er- lernt die ganze Familie einen sicheren, möglichst selbständigen Umgang mit der Krankheit. Bei jün- geren Kindern richtet sich das Angebot stärker an die Eltern, ältere Kinder werden miteinbezogen in die Schulung. Sie werden altersgerecht über ihre Erkrankung aufgeklärt, sie erlernen den Umgang mit der Insulinspritze oder Peak-flow-Messungen bei Asthma. Sie lernen, mit dem Schmerz oder dem Juckreiz umzugehen. Ziel ist, dass die Kinder mit der Zeit immer eigenverantwortlicher mit der Erkrankung umgehen und besser bei der Therapie mitarbeiten. Sozialrechtliche Ansprüche Familien mit chronisch kranken Kindern haben eine Reihe von Ansprüchen und Rechten, hier ein Überblick über die wichtigsten: Kinder- und Jugendreha: Kinder bis 18 Jahre haben Anspruch auf eine Kin- der- und Jugendrehabilitation, wenn sie an be- stimmten Erkrankungen leiden. Die Reha dauert in der Regel vier Wochen und kann bei medizinischer Notwendigkeit auch mehrfach in Anspruch ge- nommen werden. Die Beantragung läuft entweder über die Krankenkasse oder die Deutsche Renten- versicherung, hier gibt es keine eindeutige Rege- lung. Erster Ansprechpartner ist der Kinder- oder behandelnde Arzt. Bis zum 12. Geburtstag werden die Kosten für eine Begleitperson übernommen, meist ein Elternteil, aber auch Oma oder Opa. Die Begleitperson erhält keine medizinische Behand- lung, kann aber unter Umständen an der Schulungen zum Umgang mit der Krankheit teilnehmen. In Ab- hängigkeit von der Erkrankung und der familiä- stimmten Problemen wie Angst vor Spritzen oder Trennungsangst im Krankenhaus umgeht. Kinder, deren Erkrankung mit starken Schmerzen einher geht, können spezielle Schmerzbewältigungsthe- rapien erlernen. Weitere Unterstützung für Familien Die Probleme und Fragen, vor denen Familien mit chronisch kranken Kindern stehen, können Ärz- te nur bedingt lösen. Ihnen fehlt im Praxis- oder Klinikalltag einfach die Zeit. Daher sollten sich Familien weitere Unterstützung suchen: Erster An- sprechpartner sind Selbsthilfegruppen und Wohl- fahrtsverbände, sie haben die richtigen Experten oder können an diese weitervermitteln. Der Vorteil einer Selbsthilfegruppe: Eltern und auch ältere Kinder können sich mit Betroffenen austauschen. Es kann ungemein helfen, wenn man weiß: Wir sind mit unseren Schwierigkeiten nicht allein, an- deren geht es auch so. Man trifft auf Verständnis, welches im Umfeld sonst vielleicht fehlt. Den Kin- dern tut es gut zu sehen, dass es noch andere Kin- der mit dieser Krankheit gibt. Da Eltern betroffener Kinder mit den Jahren zu Experten in eigener Sa- che werden, kennen Selbsthilfegruppen bewährte Behandlungsstrategien und -zentren, sie können bei der Beantragung sozialer Leistungen weiterhel- fen. Es gibt für viele Krankheitsbilder Selbsthilfe- gruppen, oft auch spezialisiert auf Kinder. Um für jede Familie ein optimales Fallmanagement mit allen relevanten Behandlungs- und Förderan- geboten zu organisieren, fordert der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte: • eine multiprofessionelle Behandlungs- und För- derplanung, damit chronisch kranke Kinder alle erforderlichen Leistungen in richtigem Umfang erhalten • eine bessere Verfügbarkeit und Qualität der pädagogischen und frühen Hilfen in Kitas und Schulen, in Selbsthilfegruppen und in den Bera- tungsstellen und Diensten der freien Wohlfahrt • Hilfe für die Koordinierungsleistungen durch andere Berufsgruppen, z. B. entsprechend ge- schulte Pflegekräfte oder Sozialpädagogen Teilweise übernehmen diese Aufgabe schon die Selbsthilfegruppen oder die Wohlfahrtsverbände. »
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