lausebande-04-2018

Titelthema :: Seite 54 lichen erhalten täglich maximal 2 bis 3 Stunden Unterricht, werden in Kleingruppen oder falls medizi- nisch notwendig auch einzeln un- terrichtet. In Absprache mit den Stammschulen werden die Unter- richtsinhalte der jeweiligen Klas- sen vermittelt. Bleiben Patienten sehr lange in der Klinik, erhalten sie auch Noten, die dann an die Stammschule übermittelt werden. Da überwiegen Einsen bis Dreien. Die individuelle Förderung zahlt sich aus. Wie gelingt nach einem Klinikauf- enthalt am besten die Rückkehr an die Regelschule? Nach längeren Kli- nikaufenthalten wird die Rückkehr in die Stammschule durch die Leh- rerinnen und Lehrer gemeinsammit den Eltern vorbereitet. Wir haben eine entsprechende Verwaltungs- vorschrift, die bestimmte Regula- rien vorsieht. Manchmal finden Ge- spräche mit den Klassenlehrern in der Klinik statt, manchmal fahren wir gemeinsam mit den Therapeu- ten in die Stammschulen. Sehr gute Erfahrungen haben wir mit dem Vorstellen der Krankheitsbilder in den Klassen- oder Lehrerkonferen- zen. Besonders spannend sind Un- terrichtsstunden zu den Krankheits- bildern. Davon profitiert dann nicht nur das chronisch kranke Kind, son- dern die ganze Klasse. Manche Eltern und Kinder sind un- sicher, wie offen sie mit der Erkran- kung umgehen sollten, v.a. in Kita und Schule – was empfehlen Sie? Was sind aus Ihrer Erfah- rung die größten Heraus- forderungen für Familien mit chronisch kranken Kindern? Jede Familie, die erfährt, dass ihr Kind chronisch krank ist, steht aus meiner Sicht vor drei großen Her- ausforderungen: die besondere Si- tuation akzeptieren, annehmen und lernen, damit zu leben. Wo bräuchten die Familien mehr Unterstützung? In der Anfangs- phase werden die Familien sehr gut betreut. Da stehen im statio- nären Bereich Ärzte, Psychologen, Therapeuten, auch Lehrer immer zur Seite. Sind die Familien wieder zu Hause, müssen sie den Alltag al- leinmeistern. Oft treten dannweite- re Fragen und Hürden auf. Hier wä- ren Ansprechpartner sinnvoll, die unkompliziert kontaktiert werden können und schnell Hilfe anbieten. In einigen Fällen sind Selbsthilfe- gruppen solche Ansprechpartner. Wie sind Schulen im Raum Cott- bus im Umgang mit chronisch kranken Kindern aufgestellt? Vor ein paar Jahren gab es ein For- schungsprojekt der Uni Potsdam mit dem Namen „Netzwerk Schu- le und Krankheit“. Während die- ses Projektes wurde eine Broschüre entwickelt, die eine Vielzahl chro- nischer Erkrankungen vorstellt und den Lehrerinnen und Lehrern gleichzeitig aufzeigt, wie sie mit diesen Erkrankungen im Schulall- tag umgehen können. Alle Bran- denburger Schulen haben diese Broschüre erhalten und wurden für dieses Thema sensibilisiert. In der Sonderpädagogischen Förder- und Beratungsstelle des Staatlichen Schulamtes Cottbus bin ich als An- sprechpartnerin für chronisch kran- ke Schülerinnen und Schüler tätig. Auch die Sonderpädagogen der je- weiligen Einrichtungen unterstüt- zen aktiv die Familien. Seit andert- halb Jahren gibt es zudem an zwei Cottbuser Grundschulen in einer Pilotphase eine Schulgesundheits- fachkraft, im täglichen Sprachge- brauch auch Schulkrankenschwes- ter genannt. Damit ist ein Anfang gemacht. Durchmeinen Kontakt zu vielen Schulen, weiß ich, dass der Wunsch nach so einer Fachkraft an allen Schulen wächst. Sie leiten den Klinikunterricht am CTK – wie kann man sich den Un- terricht bei Ihnen vorstellen? Ist er vergleichbar mit demUnterricht an einer „normalen“ Schule? Der Klinikunterricht bedeutet für die kleinen und großen Patienten Normalität in ihrem Alltag. Eine Formulierung der Münchener Kol- legen hat sich ganz fest bei mir ein- geprägt. „Klinikunterricht ist die Schnur zum Leben!“ Wir beglei- ten die Kinder und Jugendlichen während ihres Klinikaufenthaltes, wenn die Mediziner die Kinder für die „Schule“ anmelden. Unser Kol- legium ist gut aufgestellt und kann (fast) alle Fächer der Grundschu- le, fast alle der Sekundarstufe I, ei- nige auch für die Sekundarstufe II anbieten. Die Kinder und Jugend- Karin Gärtner leitet den Klinikunterricht am Carl-Thiem-Klinikum und unterrichtet dort junge Patienten. Im Interview erzählt sie, warum Offenheit im Umgang mit chronischen Erkrankungen oft der beste Weg für Eltern, Kinder und Lehrer ist und wie befreundete Familien helfen können. Kinder haben kaum Berührungsängste

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