lausebande-04-2019

Kolumne :: Seite 74 lausitzDADDY Innenansichten eines verzweifelten Vaters Weg zu geschmeidigen Hüften und lockeren Füßen. ImKurs war ich tatsächlich das Greenhorn. BeimWal- zer startete ich bei Null, während andere sich in opu- lenten Kreisen drehten. Ich bereute, meiner besseren Hälfte keine Schuhe mit Stahlkappen gekauft zu ha- ben. Wussten Sie schon, dass man Ehepaaren eigent- lich rät, beim ersten Tanzkurs andere Partner zu wäh- len? Das erhält die Fantasie, der eigene Partner sei der einzig Richtige. Während man durch den Wechsel einen fremden Tanzpartner als ungeeignet und toll- patschig erlebt, steht der eigene Partner dann beim späteren gemeinsamen Tanz, wenn beide schon viel gelernt haben, umso unumstößlicher auf dem Sockel der Begierde. Leider kannte ich diese Theorie nicht. Die Schuhe meiner besseren Hälfte sahen eher nach Trennung als Begeisterung aus. Zum Glück bremst sie selbst für Ratten, ihre Toleranz ist unschlagbar. Am Ende des Kurses war ich mit meiner Performance schon ganz zufrieden. Zuhause wartete meine Kleine undwollte gleich sehen, was wir gelernt haben. Meine bessere Hälfte hatte aber keine Lust mehr. Da kammir eine Blitzidee: Von einer Party lag als Scherzgeschenk noch eine Gummipuppe im Schrank, die wir noch nicht entsorgt hatten. Ich pustete sie auf, stellte sie aufrecht in die Ecke – und enterte das Wohnzimmer mit einemSpagatsprung. Lauthals rief ich „Mein Baby gehört zumir!“ und nahmdas blonde Gummiding wie einst Johnny seine Frances. Ich tanzte einen wilden Walzer mit opulenten Kreisen – pah, kann ich doch auch! Im Übermut trat ich „Baby“ aber auf den Fuß und wurde durch meine feste Umklammerung der- selben schlagartig zu Fall gebracht. Mit Schwung lan- dete ich auf der Puppe. Es gab einen Riesenknall und „Baby“ war geplatzt. All das hätte zu einer Legende in der Familie gereicht, die man sich bei besonderen Ereignissen immer wieder erzählt. Aber meine Kleine hatte auf halber Strecke meiner Tanzperformance ihr Handy gezückt und alles dokumentiert – und stellte das natürlich der Welt zur Verfügung. „Gummipuppe zerplatzt unter Tanzmonster Daddy“ erhielt tausende Likes und Kommentare, die ich hier nicht wiederge- ben möchte. Wer nun denkt, wir haben den Tanzkurs an den Nagel gehängt, der kennt meine kleine und große Lady schlecht. Gestern bekam ich von beiden gleich drei neue Gummipuppen zumÜben geschenkt. Euer lausitzDADDY In Zeiten von Social Media kann man mit reinem Nichtskönnen zur temporären Be- rühmtheit werden. Für immer mehr Men- schen passiert das auch völlig unfreiwillig. Davon kann ich jetzt ein Lied mehr singen, ähm einen Tanz mehr tanzen. Bei mir reichten als Zutaten für dieses Phänomen mein erster Tanzkurs und die gut trainier- ten Reflexe meiner Tochter. Alles begann mit der Schnapsidee eines Geschäfts- freundes zu einem gemeinsam Tanzkurs befreundeter Elternpaare. Gesellschaftstänze hatten mit meinem Leben bislang genauso viel zu tun wie Eisbaden und Insekten-Cracker. Das soll zwar alles gut für die Ge- sundheit sein, aber ich bin auch ohne das knapp 50 geworden. Nun gut, ein Freund rief, meine bessere Hälfte erinnerte sich an alte Zeiten, als sie im Tanzver- ein durch die halbe Republik reiste – und ich wollte kein Spielverderber sein. Schließlich war ich in jun- gen Jahren ein wahrer Kreisel auf den Tanzflächen der alternativen Partygemeinde. Ich wandelte die Umdre- hungen aus bewusstseinserweiternden Substanzen in pure Tanzfreude um. Damit habe ich schließlich auch meine Frau erobert, die damals elfengleich als Schönste unter den Discokugeln mit dem besten Rhythmusgefühl durch die Nacht zappelte. Meine Erinnerungen bestärkten in mir das Gefühl, das mich Spaß und Begeisterung gepaart mit etwas Taktgefühl doch problemlos durch den Tanzkurs bringen sollten. Auch wenn wir in den letzten Jahrzehnten kaum tan- zen waren und mangels eigener Hochzeit und stetem Vorzug für unseren engen Familienkreis gesellschaft- liche Ereignisse mit Paartanz strikt gemieden haben. All das sollte sich jetzt ändern. So ging es wie in Ju- gendzeiten mit einigen unserer Tanzkursfreunde zum Vorglügen in die Bar. Drei Caipirinha ebneten den Noch nicht genug gelacht? Alle Kolumnen zum Nachlesen unter www.lausebande.de

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