lausebande-04-2020

Titelthema :: Seite 27 Trost; die Beziehung zum Pferd wird als einzigar- tig, gegenseitig und „für immer“ erlebt; das eige- ne Pferd wird idealisiert; die Nähe zum Pferd wird angestrebt – die Mädchen wollen ganz nah beim Pferd wohnen, viele sogar direkt im Stall.“ Für Mädchen, so Eulers These, gehe es weniger ums Reiten als vielmehr um das sich Kümmern und Versorgen. In der Pubertät sei das Pferd eine Art Übergangsobjekt zwischen Puppe und Partner, es sei quasi das letzte große Kuscheltier, bevor sie sich vom Elternhaus abnabeln. Dafür spreche auch die Beobachtung, dass bei vielen Mädchen die Begeisterung für das Hobby Pferd mit dem ers- ten festen Freund nachlasse. „Hilfe, mein Kind ist pferdeverrückt!“ – Weil diesen Satz vermutlich schon viele Eltern mindestens in Gedanken ausge- sprochen haben, hat der wichtigste Reitsportver- band in Deutschland einen Eltern-Ratgeber mit genau diesem Titel herausgegeben. Die Broschüre „Hilfe, mein Kind ist pferdeverrückt!“ der Deut- schen Reiterlichen Vereinigung informiert Eltern auf zwölf Seiten über das Hobby Pferd. Erklärt wird, was es für das Hobby braucht und warum Pferde Kindern eigentlich so gut tun. Pferde und Kinder – eine besondere Beziehung Wie eng die Beziehung von Kind und Pferd sein kann, das wissen jene Eltern am besten, die be- reits pferdeverrückte Kinder haben. Für diese wird das Tier zum Freund und Gefährten, zum Vertrauten, es gehört quasi zur Familie. Später, in der Pubertät, kann das Pferd ein wichtiger An- ker bei Konflikten mit den Eltern sein. Ganz be- sonders eng scheint die Beziehung Pferd-Mensch beim weiblichen Geschlecht zu sein. Vermutlich begeistern sich fast alle Mädchen im Kita- oder Grundschulalter irgendwann für Pferde. Diese Begeisterung macht sich auch die Wirtschaft zu eigen: Pferdemotive zieren Ranzen, Bettwäsche, Fahrradhelme, Sticker oder Shirts für Mädchen. Kinderbücher, Fernsehserien und Kinofilme stel- len Pferdegeschichten in den Fokus. Diese ge- schlechtsspezifische Begeisterung hält auch im Erwachsenen-Alter noch an. Zwar finden sich gerade im Profisport auch viele männliche Reiter. Doch allein bei der Deutschen Reiterlichen Verei- nigung sind 80 Prozent der Mitglieder weiblich. Woher genau rührt diese ausgeprägte Pferdeliebe von Mädchen? Dieser Frage ist u.a. der Evoluti- onspsychologe Harald Euler nachgegangen. In einer Studie befragte er sowohl Mädchen mit dem Hobby Pferd als auch solche ohne. Die Ergebnisse veröffentlichte er 2002 in dem Aufsatz „Mädchen, Frauen und Pferde“. Eulers Fazit: „Der Pferdever- narrtheit liegt eine Bindungsmotivation zugrun- de: Das Pferd ist ein geliebter, unersetzbarer Part- ner; es vermittelt Sicherheit, Geborgenheit und Redaktion: Anett Linke, Foto links: Katrin Löder / www.zweihelden.de Das Glück dieser Erde Ein Streifzug durchs Pferdeland Lausitz » Pferd und Reiter bauen eine besondere Beziehung zueinander auf. Foto: Designed by Kireyonok Yuliya / Freepik Das Hobby Pferd in Zahlen Laut einer Allensbach-Studie von 2016 gibt es in Deutschland knapp vier Millionen Reiter, von denen 1,25 Millionen die Sportart inten- siv betreiben. Etwa 900.000 Deutsche sind Pferdebesitzer, schätzungsweise gibt es 1,3 Millionen Pferde in unserem Land. Die Deut- sche Reiterliche Vereinigung zählte 2018 fast 690.000 Mitglieder, von denen knapp 80 Pro- zent Frauen und Mädchen sind.

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