lausebande-04-2020
Seite 41 :: Spezial Was macht SARS-COV-2 so gefährlich? Die Fakten verdeutlichen, dass Familien sich weniger Sorgen um ihre Kinder, als vielmehr um die älteren bzw. geschwächten Familienmitglieder machen müssen. SARS-COV-2 ist in seinem Krankheitsverlauf nicht gefährlicher als manche andere Viren auch, die Todesrate liegt bei Influenza oder dem Coronavirus SARS-COV-1 aus den Jahren 2002/2003 ähnlich. Aber ein Parameter unterscheidet das neuartige Virus von allen anderen. Es sind die 14 Tage nach einer Anste- ckung, die ein infizierter Mensch ohne oder zumin- dest ohne ernsthafte Krankheitsanzeichen andere Menschen anstecken und das Virus verbreiten kann, ohne die eigene Betroffenheit zu erkennen. Ein zweiter Parameter ist die Basisreproduktionsziffer R0, sie besagt, wie viele weitere Personen eine mit dem Virus angesteckte Person infiziert. Virologen gehen beim SARS-COV-2 derzeit von einer Durch- schnittszahl von etwa 2,5 aus, das heißt, ein Infizier- ter steckt im Durchschnitt 2,5 weitere Menschen an. Das ist am Ende triviale Mathematik – auch wenn dieses Stoffgebiet bei den wenigstens beliebt war – kann man sich die mögliche Verbreitung als Expo- nentialfunktion mit einer kubischen Funktion ver- bildlichen. Schaut man sich die bisherige weltweite Verbreitung des Virus in einem Graph an, entspricht das in etwa dieser Funktion. Genau hier ist gut zu erkennen, warum das Virus bei einer weiteren unge- bremsten Verteilung zu einer enormen Gefahr für die Gesellschaft werden kann. Zum Redaktionsschluss wurden in Deutschland insgesamt knapp 25.000 Anzahl d. Personen, die durchschnittlich von einemInfizierten angesteckt werden (Faktor„R0“) Krankheit Angesteckte Personen SARS-CoV-2* 1.95 Ebola 2.0 Influenza 2.5 SARS 3.5 HIV 3.5 Mumps 5.5 Polio 6.0 Pocken 6.0 Masern 15.0 Quelle: World Health Organisation, *basierend auf der WHO-Schätzung 1,4 bis 2,5 (März 2020) bestätigte Coronafälle gezählt, bei täglich mehr als 1.700 hinzukommenden. Unterstellt man die vom Signer Laboratory (robertsigner.wordpress.com ) er- rechnete Verbreitung beim Ro von 2,5, entstehen aus einem Infizierten in einem Zyklus von 5 Tagen 2,5 Ansteckungen, in 30 Tagen 406. Eine weitere Verbrei- tung ohne Einschränkungen würde in unserem Land vorausgedacht so rund 10 Mio. Infektionen bedeuten, davon knapp 2. MioMenschen erkrankt, etwa 120.000 Menschen mit schwerem Verlauf. Auch wenn das ein idealisiertes und realitätsfernes Rechenmodell mit keinerlei Barrieren in der exponentiellen Verbreitung darstellt, wird nachvollziehbar, dass unser Gesund- heitssystem, das über 28.000 Intensivbetten verfügt, überlastet wäre. Aus diesem Grund ist das Bestreben richtig, die Basisreproduktionsziffer durch künstliche Schutzmaßnahmen nach unten zu drücken. Das wird derzeit in Deutschland vor allem durch die Vermei- dung sozialer Kontakte umgesetzt. Die Grafik macht deutlich, warum die Ausbreitung des Virus verlangsamt werden muss. Gerade für Eltern und Kinder, die unmittelbar kaum betroffen sind, stellen die Einschränkungen einen großen so- lidarischen Akt mit älteren und geschwächten Men- schen in unserer Gesellschaft dar. Mehr Abstand zu anderen Menschen ist aktuell die beste Fürsorge für die Risikogruppen. Familien sollten hier vor allem ihre eigenen Großeltern schützen. Kinder, Jugend- liche und Eltern können das Virus auch ohne Emp- finden einer eigenen Erkrankung weitergeben – die Übertragungswege werden aufgrund zunehmender Fallzahlen immer schwerer nachvollziehbar. Diese Grafik zeigt die Anzahl der Kapazitäten des Gesund- heitssystems an Intensivbetten im Vergleich zur erwarteten Anzahl schwerer Krankheitsverläufe. Nur durch eine Verrin- gerung der Ausbreitungsgeschwindigkeit kann gewährleis- tet werden, dass alle schwer erkranktenMenschenmedizini- sche Hilfe erhalten. (Grafik: Bundesregierung) »
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