lausebande-04-2020

Spezial :: Seite 42 Entstehung und Verbreitung von SARS-COV-2 Coronaviren befallen in der Regel Säugetiere, Nager und Vögel. In seltenen Fällen gelingt es ih- nen, meist über einen Zwischenwirt, auf den Men- schen überzuspringen und sich anzupassen. So gibt es das Coronavirus MERS-COV im Mittleren Osten, das vom Kamel auf den Menschen übertra- gen werden kann, ebenso Todesfälle verursacht, aber bislang ein lokales Phänomen geblieben ist. Bei SARS-COV-2 gehen Wissenschaftler davon aus, dass es durch Fledermäuse übertragen wur- de. Als Ausgangspunkt wird ein Markt in der Millionenstadt Wuhan in China vermutet. Die ersten Erkrankungen traten dort Ende Dezember 2019 auf, im Januar entwickelte sich das Virus in China zur Epidemie mit einer Ausbreitung in verschiedenen Regionen des Landes. Durch den globalisierten Reise- und Wirtschaftsmarkt mit in- tensiven Austauschbeziehungen im Flugverkehr verbreitete sich das Virus schließlich weltweit. Zum Redaktionsschluss verzeichnete die Welt- karte der WHO bereits 189 Länder mit bestätigten SARS-COV-2-Infektionen. Viele deutsche Familien schauen besorgt auf die Entwicklungen in Italien. Die Bilder von hunderten Toten und überlasteten Krankenhäusern sind schrecklich – haben aber nichts mit der Situa- tion in Deutschland gemein. Aktuell veröffentlichte Zahlen sollten insbesondere Familien die derzeit unbegründete Angst bzw. Panik nehmen. Italiens oberstes Gesundheitsinstitut Istituto Su- periore di Sanità hat am 19. März eine Studie zu allen klinischen Daten der Opfer vorgelegt. Das Durchschnittsalter der bis dato 3405 Verstorbe- nen während der Pandemie liegt bei 79,5 Jahren, am stärksten sind die 80- bis 89-Jährigen betrof- fen. Lediglich fünf der verstorbenen Menschen waren unter 40 Jahre, sie alle waren krank, bevor sie sich mit dem Virus infizierten. Nur drei Per- sonen (0,08%) starben nach aktuellen Erkennt- nissen ausschließlich am Coronavirus. Nahezu alle hatten mindestens eine schwere Vorerkran- kung, die Hälfte drei oder mehr. Die meisten Vor- erkrankungen entsprechen den ausgewiesenen Warum Italien nicht Deutschland ist Risikogruppen: Bluthochdruck, Diabetes, Krebs, Herz- und Atembeschwerden. 70% der Opfer sind Männer. Zudem ist die Situation in Italien nicht mit Deutschland vergleichbar. Das Epizentrum im industriellen Norden des Landes ist von der höchsten Luftverschmutzung in Europa gekenn- zeichnet, entsprechend stark sind ältere Menschen mit Atemwegsbeschwerden beeinträchtigt. Die Be- völkerungsdichte ist hoch, das italienische Leben gesellig – und Italiens Bevölkerung zählt zu den ältesten der Welt. 21 Mio. Italiener sind älter als 65 Jahre. Ein gefährlicher Mix für die Pandemie einer Atemwegserkrankung, die dann in Italien auch noch auf ein dezimiertes Gesundheitssystem trifft, das in der Wirtschaftskrise der vergangenen Jah- re von drastischen Einsparungen gekennzeichnet war. Das Coronavirus ist gefährlich und wird auch in Deutschland Opfer fordern, die Solidarität mit älteren und schwachen Menschen ist gefordert – die Zahlen aus Italien belegen aber deutlich, dass Angstmache und Panik völlig fehl am Platze sind. Von der Epidemie zur Pandemie Während eine Epidemie den Ausbruch einer Krankheit in einem begrenzten Verbreitungsgebiet beschreibt, verwendet man den Begriff Pandemie bei einer viele Länder oder die ganze Welt erfas- senden Seuche. In der früheren Geschichte gibt es zwei bekannte Beispiele für Pandemien. Die Pest sorgte als „Schwarzer Tod“ im 14. Jahr- hundert, aber auch darauffolgenden Epochen für viele Millionen Tote. Ihr Ursprung wird in Kämpfen um die Hafenstadt Kaffa auf der Halbinsel Krim vermutet, danach kam sie über die Heimkehr der Kriegsschiffe nach Europa. Sie traf auf eine unter- ernährte Gesellschaft mit schwacher Immunität und schlechter Hygiene. Schon damals trugen jene Städte den geringsten Schaden davon, die Erkrank- te sofort und strikt isolierten und auf besondere Hygiene achteten. Übrigens kann man die langen Nasen damaliger Pestdoktoren als Vorläufer des heutigen Mund-Nasen-Schutzes sehen. Die Pest gibt es übrigens bis heute, gänzlich verschwunden ist sie nie. In Folge des ersten Weltkriegs grassierte die soge- nannte „Spanische Grippe“, die weltweit zwischen

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