lausebande-04-2020

Viren: Die Supermacht des Lebens? Diese Überschrift klingt angesichts der aktuellen Pandemie beim ersten Lesen sicher unpassend. Viren, die millionenfach Leben gefährden, werden gemeinhin als Krankmacher und todbringendes Übel definiert. Die bekanntesten Formen der Viren sind Influenza, AIDS und Ebola, nun auch die Co- ronaviren. Tatsächlich ist die Geschichte der Viren weitaus äl- ter als die der Menschheit und der Lebewesen. Man schätzt, dass Viren seit etwa 3,5 Milliarden Jahren auf der Erde existieren, noch bevor es die ersten Zellen gab. Sie sind seitdem allgegenwärtig in den Ozeanen, der Umwelt, in Tieren, Pflanzen, Bakteri- en und sogar im und auf demmenschlichen Körper. Viren haben maßgeblich Einfluss auf die menschli- che Evolution genommen. Vor rund 60 Mio. Jahren waren Viren entscheidend an einem Prozess betei- ligt, durch den Säugetiere heute ihren Nachwuchs ohne umhüllende Schale im eigenen Körper heraus- bilden können. Im Uterus ist die Immunabwehr der Frau ausgesetzt, obwohl sich quasi zur Hälfte ein Fremdkörper des Mannes darin befindet. Bis heute trainieren Viren das Immunsystem des Menschen, hier passt das Bild von Computerviren sehr gut. Sie suchen nach Schwächen und Lücken im System, um einzudringen und sich zu vermehren, worauf- hin als Gegenreaktion diese Schwächen und Lücken ausgebessert und die Systeme sicherer werden. Wissenschaftler sehen in diesem beständigen Aus- tausch eine wesentliche Grundlage für den Erfolg auch der menschlichen Spezies. Auf der Erde gibt es deutlich mehr Viren als Bakterien, sie umgeben uns, leben in uns – sogar ein Großteil des menschlichen Erbgutes besteht aus Viren. Die meisten leben in friedlicher Koexistenz mit dem Menschen, manche machen krank. Sie unterliegen dabei einer unter- schiedlich ausgeprägten Stabilität. Seit Jahrzehnten sorgt die Variabilität des Influenza-Virus immer wie- der für Epidemien mit hunderttausenden Toten auf der gesamten Welt. Die Suche nach dem unbekannten Etwas Ihre auch im Vergleich zu Bakterien geringe Größe führte dazu, dass Viren erst im späten 19. Jahrhun- dert entdeckt wurden. Während Bakterien damals schon für viele Krankheiten verantwortlich gemacht wurden, stand hinter Leiden wie Pocken, Kuhpo- cken, Masern oder der Rinderpest ein großes Frage- zeichen. Im Jahr 1898 grassierte die Maul- und Klau- enseuche (MKS) und Forscher stellten erstmals fest, dass es für die Infektionskrankheiten noch kleinere Erreger als Bakterien geben müsse. Egal ob Pocken, Masern, Polio, Influenza oder CODIV-19: Viren be- gleiten die Menschheit schon immer. Erst mit der Erfindung des Elektronenmikroskops gelang es For- schern schließlich, Viren sichtbar zu machen. Das Pocken-Virus machte schon den alten Ägyptern Probleme, wie die Pockennarben an der Mumie von Pharao Ramses dem Fünften zeigen. Die deutsche Elite der Dichter und Komponisten um Goethe, Mo- zart, Haydn und Beethoven soll mit der Krankheit zu kämpfen gehabt haben. Millionen Indianer starben am Masernvirus, das mit der Entdeckung Amerikas Virus Bestätigte Fälle Todesfälle SARS (2002) 8.096 774 MERS (2012) 2.494 858 SARS-COV-2 (2019) offen offen Ebola (1976) 33.577 13.562 H5N1 /„Vogelgrippe“ (1997) 861 455 H1N1 /„Schweinegrippe“ (2009) >762 Mio. >284.000 H7N9 /„Vogelgrippe“ (2013) 1.568 616 Spezial :: Seite 52 RKI zählt in 2020 bisher über 165.000 Grippefälle Grippesaison = 40 KW Vorjahr bis 20 KW Folgejahr, für 2019/20 existieren die Daten bis zur 11. KW. (Quelle: Robert-Koch-Institut) 2015/16 34.944 88 538 526 402 265 105.542 215.540 130.458 165.036 2019/20 2018/19 2017/18 2016/17 Infektionen Todesfälle

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