lausebande-04-2020

dienen können. Es wird nicht ver- meidbar sein, dass sich das Virus ausbreitet. Wie es sich entwickelt und wie es aufhört, ist schwer vor- herzusagen. Meine ganz persönliche Prognose ist, dass alle Menschen ir- gendwann sterbenmüssen. Ichmei- ne das nicht sarkastisch, ich habe selbst zwei enge Lebensgefährten in den Tod begleitenmüssen. Aber wir leben heute viel länger, das betrifft auch mich. Infektionskrankheiten, die auf ein schwaches Immunsys- tem treffen, sind in meinen Augen der Weg des lieben Gottes, die Alten zu sich zu holen. Redaktion: Jens Taschenberger, das Interview führten wir am 16. März 2020 ISBN 978-3-406-66969-9 Erschienen am 17. November 2014 im Verlag C.H.Beck 318 S., mit 26 Abbildungen Preis: Hardcover 24,95 €, e-Book 18,99 € Karin Mölling: Supermacht des Lebens – Reise in die erstaunliche Welt der Viren Ihre Entwicklung begann vor mehr als 3,5 Milliarden Jahren in der Morgenstunde des Lebens, als es noch nicht einmal Zellen gab. Viren sind, wie Karin Mölling, die große Dame der Virenforschung, zeigt, keineswegs nur Feinde: Sie leisten zu unserer Entwicklung und Gesundheit wesentliche Bei- träge. Selbst unser Erbgut besteht zur Hälfte aus – Viren. Es gibt mehr Viren als Sterne am Himmel und es gibt sie überall. Nicht wenige sind unvorstellbar alt. Die kleinsten Viren sind hun- dertfach kleiner als Bakterien, die größten, sogenannte Gigaviren, die Forscher kürzlich nach 30.000 Jahren im ewigen Frost wieder zum Leben erweckt haben, sind größer als viele Bakterien. Viren kennen nur einen Daseinszweck – sich zu vermehren – und das tun sie auf Kosten anderer. Manche Viren lagern ihr Erbgut im Kern der Wirtszelle ein und verbleiben so ein Leben lang im Körper des betroffenen Menschen. Pocken, Hepatitis B, Polio, Spani- sche Grippe, Aids, SARS: Gemein- hin werden Viren als Krankma- cher definiert und ihr Verhalten mit Kriegsvokabular beschrieben. Dabei machen die meisten Viren gar nicht krank. Mehr und mehr werden sie sogar zu Heilungszwe- cken eingesetzt; so finden sie zu- nehmend bei Antibiotikaresistenz als Bakterienkiller Verwendung. Karin Mölling selbst entdeckte im Rahmen ihrer Aids-Forschung ei- nen Mechanismus, mit dem es ge- lingen könnte, Krankheitserreger gewissermaßen in den Selbstmord zu treiben. Wir verlosen in diesem Monat zwei Expl. dieses Buchs per Web unter www.lausebande.de und auf unserer Facebookseite! be. Wenn das alle machen, hilft das mehr als Kita-, Schul- und La- denschließungen. Wie sieht Ihre Prognose für den weiteren Verlauf des Corona-Vi- rus in den kommenden Monaten in Deutschland und Europa aus? Wir streckendie Pandemie, umdie Kran- kenhäuser zu schützen. Die gesamte Todesrate verändert sich kaum, sie wird nur über einen längeren Zeit- raum gezogen und wir haben da- durch eine bessere Verfügbarkeit von Intensivbetten und Beatmungs- geräten. Wir haben uns alle am Ge- sundheitssystem vergangen. Vie- le Menschen wurden dort schlecht bezahlt, es fehlen tausende Spezia- listen, die entsprechende Geräte be- wir lassen die Schulen offen, dort- hin gebracht, sämtliche Schulen zu schließen? Das war ein Imitations- effekt mit Bayern. Herr Söder ist vor- geprescht und alle haben es nach- gemacht, aus Angst, einen Fehler zu begehen. Das ist eine Überreaktion. Heute wurden in Bayern sämtliche Läden bis auf Lebensmittel und wenige Ausnahmen geschlossen, ereilt uns das nun auch? Ich hof- fe nicht. Da müssen die Menschen aber mithelfen. Tragen Sie einfach einen Schal, wechseln Sie den je- den zweiten Tag. Es genügt, ihn ei- nen Tag aufzuhängen und zu lüften, er muss noch nicht einmal gewa- schen werden. Viren halten nicht länger als zehn Stunden im Gewe- Seite 63 :: Spezial

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