lausebande-04-2020

Vielleser – die Medienprofis Die Ausführungen zu den Vorgängen beim Lesen im Gehirn machen klar, dass Kinder, die von Klein auf viel lesen, für ihr ganzes Leben einen klaren Vorteil bei der Verarbeitung und Strukturierung von Wis- sen haben. Das macht deutlich, wie wichtig neben dem Vorlesen in den ersten Jahren, der allgemeinen Vorbildwirkung der Eltern durch das Lesen von Bü- chern und das Sprechen mit Kindern über Bücher vor allem eine dritte Einflussmöglichkeit ist: Das aktive Motivieren der Kinder nach der Einschulung bzw. in der Jugend zum Lesen. Mit 15 Jahren ist die Bildung der neuronalen Strukturen abgeschlossen und Le- sen ist der maßgebliche Prozess, diese herauszubil- den. In der Realität messen Eltern aber der Ausein- andersetzung mit anderen Medien weitaus größere Bedeutung zu – und nehmen mehr Einfluss z.B. auf die Art und Dauer der Computernutzung, die Nut- zung von Handys oder anderen elektronischen Me- dien. Auf das Leseverhalten der Kinder wird deutlich weniger Einfluss genommen, weil es im Vergleich zu anderen Medien als „ungefährlicher“ wahrgenom- men wird. Dass dies ein Irrglaube ist, bestätigt eben- falls eine Studie der Stiftung Lesen: Denn Vielleser nutzen elektronische Medien wie Internet genauso intensiv wie Nichtleser, aber sie nutzen sie grundver- schieden. Während sich Nichtleser Computerspielen widmen, suchen gleichaltrige Bücherfreunde vorwie- gend nach Informationen, die sie natürlich auch bes- ser verarbeiten können. Gleiches gilt für die Nutzung des TV. Im Ergebnis ist ein aktiver Einfluss auf das Leseverhalten die beste Vorbeugung für eine sinn- gen zwischen einzelnen Gehirnzellen angelegt sind. Diese stehen im Gehirn aber nur dann langfristig für die Informationsverarbeitung bereit, wenn sie durch Nutzung in der Entwicklungsphase des Gehirns be- stätigt werden – entfällt die Bestätigung durch Nut- zung, gehen diese natürlich angelegten neuronalen Möglichkeiten verloren. Gerade Lesen (und Vorle- sen) wirkt sich wie ein Dauerfeuer auf die neurona- len Strukturen innerhalb der einzelnen und vor allem zwischen beiden Gehirnhälften aus und schafft un- zählige neuronale Netze. Je jünger ein kindliches Ge- hirn, desto stärker wirkt sich Lesen auf die Bildung dieser neuronalen Netze aus. Bei bildhaften Medien wie dem Fernsehen werden lediglich Bilder verarbei- tet, keine abstrakten Informationen. Diese Aktivitä- ten finden in der rechten Gehirnhälfte statt, Informa- tionen werden lediglich bildhaft und episodisch ver- arbeitet, es entsteht kein strukturiertes Wissen mit der Möglichkeit, neue abstrakte Informationen ein- zuordnen und zu strukturieren. Es werden weniger Verbindungen der neuronalen Netze bestätigt und aktiviert. Lesen verändert also die Mikrostruktur des Gehirns. Diese Entwicklungsprozesse sind im Alter von 15 Jahren abgeschlossen, die neuronalen Struk- turen im Gehirn sind dann nicht mehr veränderbar. Die resultierenden Strukturen bilden die Grundlage für logisches Denkvermögen und dafür, das Informa- tionen wie Texte, Bilder, Grafiken strukturiert und an internes Wissen angeschlossen werden können. Da verwundert eines der zentralen Ergebnisse bundes- weit durchgeführter Lesestudien nicht: Kindern, die viel lesen, fällt die Schule leicht. Spezial :: Seite 92 Foto Stiftung Lesen, BMBF, Tamara Jung-König

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