Titelthema ‹ 77 Die zweisprachigen Ortsschilder sind eines des sichtbarsten Zeichen für die Zweisprachigkeit der Lausitz. Blick auf die Krabatmühle in Schwarzkollm. land ermöglicht ein Fachgesetz den Angehörigen einer Minderheit, ihren Namen in ihrer Sprache zu führen. Im Sorbischen wird so aus dem „Lehmann“ ein „Wićaz“ (gesprochen Witschas). Hier ändern sich der Begriff und auch die diakritische Schreibweise, also die sorbischen Buchstaben werden angewandt. In der Praxis bringt dies einige Schwierigkeiten mit sich. So ist es nicht in allen Bereichen möglich, die sorbischen Buchstaben anzuwenden. Am Ende hat man dann einen Namen im Personalausweis und auf dem Versicherungsschein einen anderen. „Diese Herausforderung beschäftigt uns bereits länger“, sagt Dawid Statnik und verweist zugleich auf ein weiteres Problem: „In den slawischen Sprachen werden bei Familiennamen Suffixe verwenden. Wenn der Mann „Wićaz“ heißt, heißt seine Frau „Wićazowa“. Der Sohn heißt (wie der Vater auch) „Wićaz“, die Tochter jedoch „Wićazec“. Die deutsche „Namenskontinuität“, bei der der Familienname vererbt wird, ist mit der sorbischen Sprache also nicht vereinbar. Darum setzen wir uns bereits seit Jahren dafür ein, dass das deutsche Namensrecht angepasst wird.“ Das könnte nun tatsächlich passieren. Das Bundesjustizministerium will einen entsprechenden Gesetzesentwurf auf den Weg bringen. Demnach soll das Namensrecht liberalisiert werden und sorbischen Frauen das entsprechende Suffix ermöglichen. Dawid Statnik: „Ein Name ist immer Teil der Identität und unser Staat sagt uns mit dem aktuellen Namensrecht schlicht, dass ihm unsere Identität egal ist. Als Sorbe ist es immer ein bedrückendes Gefühl, wenn Sie einen Namen haben, der sorbisch ist, Sie aber einen Pass haben, in dem der deutsche Name steht, mit dem Sie eigentlich nicht viel zu tun haben. Daher ist unsere Hoffnung groß, dass es uns nun endlich gelingt, einweiteres Stück Normalität zu schaffen.“ Was vielen vermutlich nicht bewusst ist: Die Lausitzer Küche ist ebenfalls sorbisch geprägt: Gerichte wie Kartoffeln, Quark und Leinöl, Rindfleisch mit Meerrettich oder Buttermilchplinse kommen in vielen Familien auf den Tisch. Weithin bekannt – auch über die Grenzen der Lausitz hinaus, sind die Figuren der sorbischen Sagenwelt. Drei der bekanntesten sind die Mittagsfrau, der Wassermann und Krabat. Über Romane und Verfilmungen sind ihre Geschichten einem breiten Publikum bekannt gemacht worden. Otfried Preußler hat sowohl die Geschichte vom kleinen Wassermann als auch von Krabat als Roman aufgeschrieben, 2008 wurde der Stoff mit einer prominenten Schauspielriege verfilmt. Die sorbische Sagenfigur Krabat geht zurück auf den kroatischen Offizier Janko Šajatović, auf Deutsch Johann von Schadowitz. Ab 1658 diente Schadowitz als Obrist in der Leibgarde des sächsischen Kurfürsten unter insgesamt vier Königen. Zum Dank für seine treuen Dienste erhielt er das Gut Särchen. Vielleicht wäre von Schadowitz aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden, hätte nicht kurz nach seinem Tod die Sage vom sorbischen Zauberer Krabat die Runde gemacht. Heute wird die Figur geschickt fürs Marketing eingesetzt. Die Krabatmühle in Schwarzkollm zieht jährlich tausende Besucher an. Die Krabat-Festspiele mit etwa 10.000 Zuschauern pro Jahr sind regelmäßig innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Die Stadt Hoyerswerda vermarktet sich im Geiste Krabats als sagenhafte Familienregion und will damit vor allem junge Familien für die Stadt gewinnen. Dafür werden nicht nur bestehende Angebote beworben, sondern auch neue geschaffen – wie der jährliche Krabatmarkt oder Stadtrallyes. Erst jüngst wurde eine eigens dafür geschaffene Skulpturen-Bank im Stadtbild aufgestellt, auf der man neben Krabat/ Schadowitz Platz nehmen kann.
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