Titelthema ‹ 85 nur ein geringer Teil der Bevölkerung der sorbischen Sprache mächtig ist, so ist das sorbische in vielen Dingen des Alltags wiederzufinden. Viele Orts- oder Familiennamen zeugen von der sorbischen Geschichte der Region. Wenn es uns gelingt, die sorbische Sprache und Identität zu stärken, ist es auch ein relevanter Faktor für den Tourismus. Die Lausitz ist eine der wenigen Regionen Deutschlands, die zwei Sprachen beheimatet. Dabei sollte auch die Förderung der generellen Mehrsprachigkeit Beachtung finden. Die sorbische Sprache kann dazu beitragen, die Mehrsprachigkeit in der Region zu fördern. Menschen, die Sorbisch sprechen, sind auch in der Lage, Deutsch, Englisch und häufig auch andere slawische Sprachen zu sprechen. Dies kann dazu beitragen, die Verständigung zwischen verschiedenen Kulturen und Sprachgruppen zu verbessern und somit die Zusammenarbeit in der Region zu stärken. Ein Großteil der Weltbevölkerung ist mehrsprachig – somit ist es eigentlich das normalste der Welt. Welche Vorteile bringt es meinem Kind, wenn es in der Kita oder Schule sorbisch lernt? Es steht jedem frei, die sorbische Sprache zu erlernen. Viele sorbische Familien haben die Sprache abgelegt. Das hat verschiedenste geschichtliche Gründe. Erfreulich ist, dass die Sprache in genau solchen Familien heute eine Renaissance erlebt. Aber auch Familien, die bisher keinen familiären Bezug hatten, sind der Sprache offen gegenüber. Das Erlernen der sorbischen Sprache kann Kindern helfen, Verständnis und Wertschätzung für die sorbische Kultur und Geschichte zu entwickeln. Dies kann dazu beitragen, das kulturelle Bewusstsein und die Toleranz des Kindes zu fördern und seine Perspektive auf dieWelt zu erweitern. Wie läuft der Austausch zwischen der Oberlausitz und der Niederlausitz? Auch wenn wir von der Ober- und der Niederlausitz sprechen und auch, wenn wir zwei Sprachen sprechen, wir sehen uns als ein Volk. Somit ist der Austausch beider Gebiete uns in gewisser Weise in die Wiege gelegt. Viele sorbische Institutionen sind einzigartig und wirken in beiden Teilen der Lausitz. Damit ist ein regelmäßiger Austausch gegeben. Auch die Domowina, die ein Dachverband ist, in dem ca. 200 Gruppen und Vereine organisiert sind, agiert sowohl in der Ober- als auch in der Niederlausitz. Natürlich haben wir auch regionale Unterschiede. Aber genau das macht es so spannend. Wir haben den Spreewald an der einen und die Lausitzer Berge an der anderen Seite. Geografisch, geschichtlich und sprachlich sind wir damit eine sehr reiche Region. Die Unterschiede zwischen der ober- und der niedersorbischen Sprache sind gegeben, sie sind jedoch so, dass man auch als Niedersorbe obersorbisch versteht. Ich spreche beide Sprachen. In der Schriftsprache häufen sich die Fehler dann eher in der niedersorbischen Sprache, da ichmuttersprachlich Obersorbe bin. Für mich ist es immer faszinierend, wenn ichWörter im Kopf habe, die ein Gefühl oder eine Emotion beschreiben, das aber nur in einer Sprache so funktioniert – Obersorbisch, Niedersorbisch oder Deutsch. Ganz klar ist: Sprachen sind ein Reichtum. Wir als Domowina unterstützen den regelmäßigen Austausch. Unsere Regionalverbände organisieren Exkursionen und Veranstaltungen. Ein eher lustiger Nebeneffekt: Wir haben in der Lausitz so viele Veranstaltungen und Highlights, da können sie gar nicht alles besuchen. Wenn Familien nach der Lektüre der aktuellen lausebande Lust auf mehr sorbisch bekommen haben: Was empfehlen Sie ihnen konkret? Am besten erleben kann man das Sorbische, wenn man sich selbst einen Ruck gibt und uns in der Lausitz besucht. Sei es das Sorbische Museum in Bautzen, oder das Wendische Museum in Cottbus. Hier kann man vieles über Geschichte und Gegenwart erfahren. Insbesondere das Sorbische Museum in Bautzen hat einen ausgezeichnetenAudioguide für Kinder. In Dissen gibt es eine wunderbare Ausstellung zur frühslawischen Besiedlung. Da ist Raddusch mit der Slawenburg auch nicht weit. Alles ist in einer Gegend gelegen, die geradewegs dazu einlädt, mit dem Fahrrad zu kommen. Aber auch andere kulturelle Veranstaltungen sind zu nennen. So findet in diesem Jahr endlich wieder das Internationale Folklorefestival Lausitz statt. In der Zeit vom 6. bis 9. Juli findet dieses in Bautzen, Drachhausen und Crostwitz statt. Wer sich eher für Fußball begeistern kann, dem sei die diesjährige Europeada – die Fußballeuropameisterschaft der autochthonen nationalen Minderheiten Europas ans Herz gelegt. Diese findet Ende Juni in Schleswig-Holstein bei unseren Freunden der friesischen Volksgruppe und der dänischen Minderheit statt. Anders als die deutsche Fußballnationalelf hat es die sorbische Auswahl im vergangenen Jahr sogar bis ins Halbfinale geschafft. Da haben sogar der RB Leipzig, Energie Cottbus und Dynamo Dresden gratuliert.
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