Titelthema ‹ 67 immer wieder mit vertrauten Personen, zwingen Sie es nicht. Durch Beobachten lernt das Kind nach und nach, dass es in unserem Kulturkreis üblich ist, sich die Hand zu reichen und beim Grüßen in die Augen zu schauen. Sprechen Sie mit älteren Kindern über den Grund der Verweigerung. In den Corona-Jahren war der Handschlag nicht üblich, sodass diese Geste für ein Kind womöglich befremdlich ist. Wir sind zu einer Hochzeit eingeladen. Mein 12-jähriger Sohn hat keine Lust auf Anzug und Krawatte. Er möchte in Jeans und Sneakers zur Feier. Zum Glück haben Sie vom Zeitpunkt der Einladung bis zum Fest ein wenig Zeit. Nutzen Sie diese Schritt für Schritt, um mit Ihrem Sohn über verschiedene Anlässe zu sprechen. Erinnern Sie ihn daran, wie es sich anfühlte, als er als Schulanfänger im Mittelpunkt stand und wie schön sich alle Gäste extra für ihn gemacht hatten. Anlassgerechte Kleidung benutzen wir auch im Alltag. Das beginnt mit dem täglichen Wechsel von der Nachtwäsche zur Tageskleidung, von der Kleidung nach dem Sport zur Kleidung für den (Schul-) Alltag bis hin zu unseren Lieblingsstücken an Geburtstagen und Feiertagen. Damit schlagen Sie sozusagen einen Bogen zu den größten Festen im Leben eines Menschen, wozu Konfirmation und Jugendweihe, Schulabschlussbälle und natürlich eine Hochzeit gehören. Erklären Sie Ihrem Sohn, dass seine „Aufmachung“ ein Geschenk an die Brautleute ist, die ihre Hochzeitsfeier im feierlichen Rahmen begehen und sein Verhalten der Situation angemessen und seine Kleidung entsprechend anlassgerecht sein sollte. Lassen Sie ihn selbst im Internet recherchieren und Vorschläge machen, womit er sich wohlfühlen könnte. Einen Zwölfjährigen würde ich nicht zum Tragen eines Anzuges zwingen. Wie wäre es mit einem weißen Hemd und dunkler Stoffhose? Lassen Sie sich notfalls auf neue, nicht zu klobige Sneaker ein. Vielleicht findet er auch an einer Weste über dem Hemd Gefallen? Coole Ideen findet er bestimmt auch bei meinem geschätzten Kollegen Clemens von Hoyos auf dessen TikTok-Kanal für junge Leute. Ich sitze mit meiner 4-jährigen Tochter im Bus. Ein Mann mit deutlichem Bauch steigt ein, daraufhin sagt meine Tochter laut: "Mama, der Mann bekommt ein Baby." Auch hier wieder die Frage: Welche Reaktion wäre aus Ihrer Sicht angemessen? Folgen Sie Ihrer ersten Reaktion, lachen kurz auf und antworten Ihrer Tochter „Das kann sein!“. Schauen Sie den Mann dabei lächelnd an. Vielleicht kommt ja ein Lachen zurück mit der Bemerkung „Das höre ich nicht zum ersten Mal!“. Eine solche Bemerkung fällt unter die Kategorie „Kindermund tut Wahrheit kund“ und darf bei einer Vierjährigen getrost als drollig eingestuft werden. Die Rolle von Schule und Kita Werden die Kinder größer, spielen auch Kita, Hort und Schule eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von gutem Benehmen. Zum einen ist es hilfreich, wenn die Kinder spätestens beim Schuleintritt die wichtigsten Benimmregeln und höfliches Verhalten verinnerlicht hätten. Zum anderen können Lehrerinnen und Erzieher ebenfalls dazu beitragen. Dafür gibt es mehrere Wege. 1. Sozialisation und Interaktion: Kitas und Schulen sind Orte, an denen Kinder frühzeitig mit anderen Kindern und verschiedenen sozialen Situationen konfrontiert werden. Durch diese Interaktionen lernen sie, sich in Gruppen zu integrieren, Konflikte zu lösen und angemessen miteinander umzugehen. Pädagogische Fachkräfte können dabei helfen, positive Verhaltensweisen zu fördern und unerwünschtes Verhalten zu korrigieren. 2. Vorbildfunktion der Lehrkräfte: Lehrkräfte und Erzieherinnen fungieren als Vorbilder für die Kinder. Ihr eigenes Verhalten und ihre Interaktionen mit den Kindern prägen deren Verständnis von gutem Benehmen. Indem sie Höflichkeit, Respekt und Empathie vorleben, können sie wichtige Werte vermitteln und die Entwicklung sozialer Kompetenzen fördern. 3. Projekte und Unterricht: Einige Kitas und Schulen integrieren explizit die Vermittlung von sozialen Kompetenzen und guten Umgangsformen in ihren Bildungsplan. Dies kann durch spezielle Programme, Projekte oder Unterrichtseinheiten erfolgen, die darauf abzielen, den Kindern wichtige Fähigkeiten wie Konfliktlösung, Kommunikation und Teamarbeit beizubringen. 4. Elternarbeit: Kitas und Schulen arbeiten im Idealfall eng mit den Eltern zusammen, um die Entwicklung der Kinder ganzheitlich zu fördern. Durch Elternabende, Vorträge, Workshops oder individuelle Beratung können Eltern unterstützt werden, ihre Kinder in Bezug auf gutes Benehmen zu erziehen.
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