lausebande-05-2018

Titelthema :: Seite 58 Sprachreisen & Austauschjahr Wer in den USA Englisch lernt oder Französisch in Paris, der profitiert davon, dass er die neue Spra- che in vielen unterschiedlichen Situationen hört und gebraucht: Im Restaurant, in der Schule, in der Gastfamilie, beim Arzt, beim Einkaufen. Jede Alltagssituation braucht ihre eigenen Redewen- dungen, Wörter und Tonalitäten. Ein weiterer Pluspunkt: Man kommt mit unter- schiedlichen Muttersprachlern in Kontakt, die wie- derum unterschiedliche Wörter nutzen und Akzen- te bzw. Dialekte sprechen. Man erfährt und erlernt wirklich die ganze Vielfalt und Bandbreite einer Sprache einschließlich der landestypischen Mimik, was im klassischen Sprachunterricht an der Schule einfach nicht möglich ist. Zudem bringt eine Sprachreise unter Umständen noch mal einen großen Motivationsschub mit sich. In der Schule lernen Kinder oft genug nur fürs Zeugnis. Im fremden Land aber haben sie plötzlich mindestens einen guten Grund, die Sprache frei- willig zu lernen: Sie wollen sich vor Ort ohne Dol- metscher verständigen können. Damit sich die Fremdsprache im Ausland auch wirklich verbessert, sind zwei Punkte wichtig: Das Kind sollte bereits gute Grundkenntnisse in der Sprache aufweisen und sich halbwegs allein ver- ständigen können. Zweitens ist es wichtig, Deut- sche möglichst zu meiden. Der Mensch ist bequem und neigt dazu, zunächst Kontakt zu Schülern zu suchen, die ebenfalls deutsch sprechen. Das Risi- ko: Man richtet sich in dieser deutschsprachigen Gruppe ein und kommt zu wenig mit Muttersprach- lern in Kontakt. Klassische Sprachreisen dauern je nach Zielland und Kursart zwischen zwei und fünf Wochen. Zur Reise gehört ein regelmäßiger Sprachunterricht, je nach Art ein oder zwei Mal am Tag, die Unterbrin- gung wahlweise in einer Gastfamilie oder in einem Internat/ Schülerwohnheim. Ein Freizeit- und Kul- turprogramm gehört ebenso dazu wie die An- und Abreise. Experten empfehlen max. 15 Teilnehmer pro Sprachreise. Die meisten Teilnehmer sind zwischen 12 und 14 Jahre alt. Einige Anbieter bieten auch Sprachreisen für Acht- oder Zehnjährige an. Eine Alternative für jüngere Kinder sind Sommercamps, in denen ne- ben dem Spracherwerb Freizeitaktivitäten wie Fuß- ball oder Reiten im Vordergrund stehen. Einige An- bieter haben für jüngere Kinder kurze Sprachferien in Deutschland (z.B. Berlin) mit aufgenommen, dort lernen die Kinder in international gemisch- ten Gruppen die Fremdsprache, ähnlich wie beim Tandemlernen. Der Vorteil: Wird das Heimweh zu stark, können die Eltern schnell reagieren. Generell gilt: Für Kinder, die schnell Heimweh haben oder nicht sehr selbständig sind, ist eine Sprachreise (noch) nicht das richtige. Auch soll- ten sich Eltern von einem dreiwöchigen Sprach- kurs keine riesigen Entwicklungssprünge erhof- fen. Gute Schüler können sich vielleicht um eine Note verbessern. Schüler, die in der Schule große Probleme mit der Fremdsprache haben, sind evtl. im Nachhilfe-Unterricht besser aufgehoben. An- bieter, die damit werben, dass ein Sprachkurs im Ausland eine Verbesserung um zwei bis drei Noten ermöglicht, sind unseriös. Die beste Freundin soll- te man übrigens nicht mitnehmen, sonst kann es passieren, dass man mehr deutsch als alles andere spricht. Das passende Angebot für das eigene Kind zu fin- den, ist gar nicht so leicht. Laut dem Fachverband Deutscher Sprachreise-Veranstalter gibt es etwa 140 Anbieter. Auf der Homepage des FDSV gibt es eine Übersicht über geprüfte, professionelle Anbie- ter. Zudem kann man sich über eine Filterfunktion passende Angebote heraussuchen. Durchschnitt- lich muss man laut FDSV mit Kosten in Höhe von etwa 1.200 Euro für eine Sprachreise rechnen. Wei- tere Informationen gibt es unter www.fdsv.de. Ein Schüleraustausch, wie ihn manche Schulen anbieten, ist nicht mit einer klassischen Sprach- reise zu verwechseln. Beim Schüleraustausch steht der interkulturelle Austausch mit der Gastfamilie und der Gastschule im Vordergrund, Sprachkurse gehören nicht zwingend dazu. Aber auch solche Austauschprogramme können eine gute Möglich- keit sein, in einem fremden Land Selbständigkeit zu üben und die Sprachkenntnisse zu vertiefen. Für ältere Kinder ab etwa Klasse 9 kann ein ganzes Auslandsjahr sinnvoll sein. Die Wahrscheinlich- keit, dass das Kind in diesem Jahr die Sprache des Gastlandes lernt, ist hoch. Die Möglichkeiten für ein Auslandsjahr sind vielfältig: Au-pair, work & travel, Schüleraustausch, Sprachreise. Auch hier sollten Eltern und Kind gemeinsam schauen: Was passt zum Kind, was will es mit dem Auslandjahr erreichen?

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