lausebande-05-2019
Titelthema :: Seite 60 Kinder in der Pubertät, die sich von ihren Eltern abgrenzen wollen und ihre eigene Identität neu justieren, sehen in WhatsApp, SnapChat & Co. ein geeignetes Instrument dafür. Solange also der Nachwuchs auch noch echte Freunde hat und sich tatsächlich mit Gleichaltrigen trifft, können Eltern entspannt bleiben. Erst wenn sich Kinder völlig in die digitale Welt zurückziehen und ihr Zimmer kaum noch verlassen, läuft etwas schief. Digitales Lernen: Tablet statt Schulbuch? Gerade die Schulen und Lehrer sind beim Thema Medienkompetenz immer wieder gefragt. Eltern, die sich mit dem Thema überfordert fühlen, setzen ihre Hoffnungen in die Schulen. Dort möge man doch den Kindern die Kompetenz im Umgang mit Internet und Smartphone beibringen. Eben weil es immer wieder Kinder gibt, die das Internet unbe- gleitet von Eltern erforschen müssen bzw. dürfen – gerade in sozial benachteiligten Familien – fordern Experten spätestens mit Beginn der Grundschule eine umfassende, möglichst viele Fächer umfas- sende Medienkompetenz-Förderung. Dafür wiede- rum bräuchte es nicht nur passende pädagogische Konzepte, sondern auch eine entsprechende Quali- fizierung der Lehrer. Sind die Schulen denn überhaupt in der Lage, die Kinder fit zu machen im Umgang mit Medien? Studien zeigen, dass Deutschland im internatio- nalen Vergleich mit digitaler Technik eher unter- durchschnittlich ausgestattet ist. Dass es unter den Schulen bereits digitale Pioniere gibt, haben wir in der letzten lausebande-Ausgabe vorgestellt. Bei der Mehrheit der Grundschulen aber beschränkt sich der Einsatz von Bildschirmen auf gelegentli- che Ausflüge ins Computerkabinett. Mit dem kürzlich beschlossenen Digitalpakt könn- te sich das Blatt wenden. Jetzt können alle Schulen von der Grundschule bis zur Oberstufe mit entspre- chender Technik ausgerüstet werden. Spannend dabei ist die Frage: Haben sich die Schulen bereits Gedanken gemacht, wofür sie das Geld investieren wollen? Haben sie ein schlüssiges Konzept für den Einsatz digitaler Medien im Unterricht? Es ist zu befürchten, dass nur ein Bruchteil der Schulen die- se Fragen mit „ja“ beantworten kann. Andere Länder haben die Schulbildung bereits viel stärker digitalisiert. In Südkorea verkündete die Regierung bereits vor gut zehn Jahren die Abkehr vom Schulbuch aus Papier. Doch die Einführung digitaler Schulbücher brachte nicht den erhofften Erfolg. Da die Motivation der Schüler nicht so groß war wie erhofft und auch die persönliche Kommu- nikation im Klassenraum unter der Technik litt, will man zunächst weiter auch auf Papier setzen. Dabei fordern auch Medienpädagogen keines- wegs eine Techniknutzung um jeden Preis. Sie sagen: Digitale Medien im Unterricht bringen den Schülern nur dann einen Mehrwert, wenn ein pä- dagogisches Konzept dahintersteht. Zudem sollte das Tablet oder Smartphone nur eines von vielen Unterrichtsmitteln sein. Digitale Technik darf den analogen Unterricht an geeigneter Stelle ergän- zen, aber nicht ersetzen. Schreiben mit dem Füller, analoge Experimente und auch das Blättern in Bü- chern – diese Erfahrungen brauchen Kinder eben- falls. Je mehr Sinne ein Kind beim Erlernen neuer Dinge einsetzt, desto höher ist die Wahrscheinlich- keit, dass auch etwas davon hängen bleibt. Ganz- heitliche Erfahrungen sind sehr viel prägender als eindimensionale, bei denen das Kind wenig selbst aktiv werden muss. Immerhin gibt es einen Plus- punkt für die digitale Technik: Sie erhöht die Moti- vation der Kinder. Intergralrechnung macht am PC eher Spaß, als auf dem Papier. Schreibschrift, Druckschrift oder Tastatur? Diskussionen entflammen immer wieder um das Erlernen der Handschrift. Müssen unsere Kinder in Zeiten von Smartphone und Tablet überhaupt noch die Handschrift erlernen? Einige Grundschu- len sind zumindest davon abgekommen, sowohl Handschrift als auch Druckschrift zu lehren. Statt- dessen sollen sich die Kinder aus einer Grund- schrift die Handschrift selbst aneignen, indem sie die Buchstaben miteinander verbinden. Kritiker entgegnen, dass sich Kinder durch das Er- lernen der Handschrift wichtige motorische und neurologische Fähigkeiten aneignen. Was man mit dem Stift aufschreibt, so die These, bleibe besser im Gedächtnis haften, als das was man nur eintippt. Beim Schreiben sind im Gehirn sehr viel mehr Prozesse nötig als beim Tippen. Und nur ein Gehirn, das regelmäßig gefordert wird, entwickelt sich weiter. Nicht genutzte Synapsen verkümmern mit der Zeit. Eine kürzlich veröffentlichte Befragung von Leh-
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