lausebande-05-2019

Titelthema :: Seite 64 die Komplexität des Alltags zu be- wältigen. Die Empfehlungen zur Mediennut- zung von Kindern variieren stark. Wie finden Eltern verlässlich Ori- entierung, die zugleich der Reali- tät in Schulen und Kinderzimmern gerecht wird? Eltern sollten ihre eigene Haltung in Erziehungsfragen auch in die- sem Gebiet beibehalten. Und je- des Kind ist anders – auch was den Umgang mit Medien angeht. Allge- meine Hinweise und Tipps finden sich etwa auf www.klicksafe.de. Je älter der Nachwuchs wird, des- to mehr Zeit verbringt er vor dem Bildschirm. Eltern sorgen sich dann um fehlende analoge bzw. reale Erfahrungen. Ist diese Sorge berechtigt? Die Online- und Offlinewelten ver- schmelzen immer mehr. Ob die- se Sorge berechtigt ist, lässt sich nur im Einzelfall beantworten. Ich empfehle, den Kindern frühzeitig Alternativen zu Social Media, Fort- nite & Co nahe zu bringen. Mit dem kürzlich beschlossenen Digitalpakt werden digitale Medi- en zunehmend in die Schulen ein- ziehen – ist das aus Ihrer Sicht der richtige Weg? Smartphones und Tablets werden erst seit einigen Jahren sehr inten- siv genutzt. Lässt sich überhaupt schon beurteilen, ob und welche Langzeitfolgen das auf Heran- wachsende hat? Erste Hinweise gibt es bereits. Dabei ist es sinnvoll, sowohl die Chancen als auch die Risiken zu betrachten. Soziale Netzwerkseiten etwa sprechen die Bedürfnisse und Entwicklungsaufgaben von Heran- wachsenden an, zum Beispiel im Hinblick auf das Entwickeln von Freundschaften und der eigenen Identität („Wer bin ich?“). Chan- cen liegen hier etwa im Ausbilden eines stabilen sozialen Netzwerks, das auch Umzüge, Schulwechsel etc. verkraften kann. Cyberbully- ing (Cybermobbing), ungünstige soziale Vergleiche („andere haben viel tollere Erlebnisse“) und man- gelnder Schlaf stellen Risikofakto- ren dar. Gibt es belastbare Aussagen dazu, mit welchen körperlichen Verän- derungen die intensive Nutzung digitaler Medien einhergeht? Ja und Nein. Alle psychologischen Wirkungen schlagen sich natür- lich im Gehirn nieder, denn wo sonst findet Lernen, Denken und Fühlen statt? Aber gerade in Be- zug auf körperliche Veränderun- gen werden von mancher Seite Ängste geschürt und Falschnach- richten verbreitet. Das erinnert fast schon an die Verirrungen von Impfgegnern. „Handystrahlung“ zum Beispiel hat nach aktuellem Erkenntnisstand keine negativen Auswirkungen. Wie verändern digitale Medien das Sozialverhalten von Kindern? Das lässt sich so pauschal nicht sa- gen. Das Sozialverhalten im Netz ist so vielfältig wie das Sozialver- halten offline. Es kommt also da- rauf an, was Kinder mit digitalen Geräten tun. Und was das Sozial- verhalten von Jugendlichen off- line angeht – wie in vielen anderen Bereichen sind Eltern Vorbilder. Wenn die Eltern während eines Gesprächs am Küchentisch auf ihr Smartphone schauen, dann wird dies von Jugendlichen früher oder später nachgeahmt. Wie haben digitale Medien in den vergangenen zehn Jahren das Fa- milienleben verändert? Digitale Medien stellen Herausfor- derungen und Chancen für Famili- en bereit. Für manche Familien ist dies ein Konfliktherd, an dem The- men wie Vertrauen und Autonomie bearbeitet werden. Für andere ste- hen die Chancen im Vordergrund, Prof. Dr. Markus Appel studierte Psychologie und Kulturwissenschaften in Mainz und Berlin und promovierte im Fach Psychologie in Köln. Er forscht v.a. zu den Auswirkungen moderner Medien auf die Psyche von Kindern und Jugendlichen. Seit 2017 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationspsychologie und Neue Medien an der UniversitätWürzburg. Er warnt vor Pauschal-Urteilen und Schwarz-Weiß-Denken. Smartphones bergen durchaus Risiken, sagt er, verweist aber auch auf die Chancen, die sie Jugendlichen und ihren Familien bieten. Digitale Medien bieten Familien Herausforderungen und Chancen

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