lausebande_05-2021

trifft. MIS-C beschreibt das gleiche Krankheits- bild bei Erwachsenen, hier sind allerdings meist die Lungen stärker beeinträchtigt. Man vermutet aber, dass sich beide Krankheitsbilder in der Ent- stehung entsprechen. Es gibt zum PIMS eine sehr große Studie aus den USA, mit rund 1.730 Patienten in der Untersuchung, über 60 % der Kinder hatten Magen-Darm-Symptome, 30 % be- kamen Probleme mit demHerzen, 40 % kamen in einen Schock, 45 % mussten auf die Intensivsta- tion und 1,4 % dieser Kinder sind an den Folgen der Erkrankung gestorben. Das sind immerhin 24 der untersuchten Kinder und Jugendlichen. Ins- gesamt machen die Zahlen deutlich, dass es trotz der Seltenheit der Erkrankung keine Ausnahme- fälle sind. Es gibt sehr unterschiedliche Angaben zur Häufigkeit dieser Covid-19-Folgen bei Kin- dern, mal ist von einem Kind auf 5.000, mal von einem Kind auf 10.000 infizierte Kinder die Rede. Es scheint aber alles andere als eine extreme Seltenheit zu sein – wie groß sind Ihre Sorgen? Es gibt zur Häufigkeit erste Studien, die aber noch keine ausreichende Aussagekraft haben. Wenn wir ehrlich sind, wissen wir es noch nicht. Die Dunkelziffer nicht festgestellter Infektionen bei Kindern ist u.U. höher als gedacht, so dass eine seriöse Aussage über die Häufigkeit derzeit nicht möglich scheint. In Bayern führen wir die groß angelegte „Covid-Kids-Bavaria-Studie“ durch, in der wir viele Kitas besucht und Abstriche durch- geführt haben. Wir finden durchschnittlich bei 1 bis 2 % der Kinder Covid-Infektionen. Die End- auswertung fehlt auch hier. Wie viele der positiv getesteten Kinder im Nachhinein an PIMS leiden, können wir nicht sagen. Es ist sicher eine seltene Covid-19-Folge. Wir hoffen, dass man durch Imp- fungen auch ein PIMS verhindern kann – Kinder können am besten geschützt werden, wenn sie selbst und ihre Umgebung geimpft sind. Wie können Eltern schwere Verläufe bei ihren Kindern vermeiden helfen? Was sollten sie beachten? Eltern können therapeutisch nicht vorbeugen, sie können aber auf die Symptome achten und diese ernst nehmen. Alarmismus ist dabei grund- sätzlich unangebracht, denn Covid-Infektionen laufen bei Kindern und Jugendlichen in aller Regel sehr harmlos ab. Wenn aber Kinder bzw. Jugendliche eine nachgewiesene Covid-Infektion hatten und sechs bis acht Wochen später hohes Fieber bekommen, das trotz Antibiotika auch am zweiten und dritten Tag nicht sinkt, dann sollten sie ins Krankenhaus fahren und Herz und Lunge ihres Kindes checken lassen. Viele dieser Pati- enten zeigen Ergüsse in der Lunge oder im Herz- beutel – dann muss man sich auch die Herzkranz- gefäße anschauen. In diesem Stadium kann man die Patienten in der Regel noch rasch und gut be- handeln. In etwa 65 % der Fälle gibt es Symptome im Verdauungsapparat wie Durchfall, Bauch- schmerzen und Erbrechen. Etwa 50 % der vom PIMS betroffenen Kinder landen nach aktuellen Daten auf der Intensiv- station, ist die Medizin darauf vorbereitet? Es gibt mit demKawasaki-Syndrom eine bekannte Krankheit mit einer wahrscheinlich ähnlichen Entstehungsgeschichte. Das betrifft im Gegen- satz zum PIMS allerdings deutlich jüngere Kinder im Alter von meist zwei bis sechs Jahren. Man kann es mit Immunglobulinen und Cortison be- handeln, wenn aber bereits eine Herzschädigung vorliegt, kann es dafür zu spät sein. Deshalb wäre ich auch beim PIMS vorsichtig, was eine gute Pro- gnose für die Therapie angeht. Ich habe großen Respekt davor und die Kinder, die wir mit PIMS gesehen haben, machen mir große Sorgen. Das ist beim Kawasaki-Syndrom ähnlich – hier kenne ich z.B. einen sehr jungen Patienten mit einem Herz-Hinterwand-Infarkt. So etwas sehen wir bei Kindern und Jugendlichen im Grunde nie. Was PIMS anbelangt, sind wir inzwischen gut darauf vorbereitet und wissen, worauf wir bei Kindern und Jugendlichen achten müssen. Wir haben auch die niedergelassenen Ärzte darüber infor- miert, worauf sie achten sollten. Primär kommen die Kinder ja zuerst dort an. Insofern sensibili- sieren wir unsere Community – und sicher ist es eine wichtige Funktion sachlicher Medienbe- richterstattung, die Eltern zu informieren. Auf meine öffentlichen Hinweise zum PIMS habe ich Hate-Mails erhalten mit der Aufforderung, bei dieser „harmlosen Krankheit“ nicht alle in Schre- cken vor extrem seltenen Fällen zu versetzen. Ich denke aber, es ist nicht so extrem selten und wir sollten jedes Leben eines Kindes schützen, so gut uns das möglich ist. Wird das auch in ihrer aktuellen Studie ge- nauer untersucht? Wir führen in Bayern zwei großangelegte Stu- dien durch. Das sind die „Kids-Covid-Plus“ als Corona Update ‹ 41

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