lausebande_05-2021
Studie unserer Augsburger Uniklinik und die „Covid-Kids-Bavaria-Studie“ für ganz Bayern. Diese Studien untersuchen das Infektionsge- schehen vor allem bei den jungen Kindern. Hier geht es um Erkenntnisse, wo genau die Kinder sich anstecken. Aktuell wird der Ruf lauter, die Kitas zu schließen, wenn die Infektionszahlen hoch gehen. Wir wollen herausfinden, ob sich die Kinder tatsächlich in den Kitas infizieren. Wir nutzen die Studie auch, um in den Ein- richtungen aufzuklären und Hygienekonzepte vorzustellen, die Kinder und Personal sinnvoll schützen. Wir informieren Kinder und Jugend- liche rund um das Coronavirus und die Krank- heit Covid-19. Sie über PIMS aufzuklären, halte ich aktuell für unangebracht, dafür fehlen uns einfach noch zu viele Erkenntnisse. Die erste Beschreibung eines PIMS stammt aus dem März 2020, wir kennen dieses Krankheitsbild also gerade einmal ein Jahr. Inzwischen wurden weltweit zwar schon einige tausend Kinder be- schrieben, dennoch ist vieles unklar. In der Kinder- und Jugendmedizin ist es allerdings nicht ungewöhnlich, mit seltenen Erkrankungen zu hantieren. Die allgemeine Wahrnehmung der Seltenheit widerspricht dem, was solche schweren Krankheitsverläufe bei Kindern für das einzelne System Familie bedeuten. Beobachten Sie in Ihrer Klink auch andere Folgen der Covid-Infektion bei Kindern? Nach einer Veröffentlichung zu diesem Thema haben wir immer wieder Anrufe von Eltern er- halten, die in der Familie eine Covid-Infektion hatten und danach feststellen mussten, dass die Kinder nicht mehr richtig in Schwung kamen. Da ist ein Mädchen mit elf Jahren zuvor eine Super- sportlerin gewesen und kommt nun nicht mehr „in die Puschen“. Wir empfehlen inzwischen, die Kinder dann einmal auf Herz und Nieren prüfen zu lassen, um Spätfolgen auszuschließen. Bei manchen Kindern sieht man z.B. eine Vernar- bung in der Lunge oder ähnliche Folgen. Die scheinbar häufiger auftretende Adynamie und Müdigkeit samt mangelndem Antrieb können wir noch schlecht einstufen. Wir finden nichts fassbar Schlimmes bei den Kindern. Aber was heißt das schon. Es gibt ja auch jene, die Covid-19 leugnen und dann meinen, das hätte rein psy- chische Ursachen und die Familienmitglieder litten einfach unter Depressionen. Das ist mir aber zu einfach. Ich glaube, wir wissen noch viel zu wenig über das, was in der Folge einer Covid-Infektion im Körper wirklich passieren kann, wo und wie sich Entzündungen ereignen können und wann das mit Spätfolgen oder einer langen Genesungsphase verbunden sein kann. Wir kennen das auch vom Pfeifferschen Drüsen- fieber, eine häufige und zumeist harmlose Virus- infektion. Aber auch da sind die Verläufe extrem unterschiedlich. Viele Kinder sind drei Wochen krank und dann ist wieder alles gut. Ich habe aber auch Patienten erlebt, die ein Dreiviertel- jahr nicht aus dem Bett kamen. Warum das so ist, ist ein wichtiger Gegenstand der Forschung. Wir müssen PIMS und andere sichtbare Folgen von Covid-19 ernst nehmen, bis wir mehr darüber wissen. Wir müssen die Patienten gründlich untersuchen und Daten sammeln – hoffentlich wissen wir in einem Jahr mehr darüber und dann auch genau, wie wir damit umgehen können. Bis dahin sollten wir Ärzte auch auf die Sorgen der Eltern hören und solche Symptome nicht mit Verweis auf psychische Faktoren abtun. Eltern kennen ihre Kinder am besten. Mein allererster klinischer Lehrer hatte die Maxime „die Eltern haben immer Recht“ – und das versuche auch ich zu befolgen. Wenn Eltern mir etwas schildern und wir finden trotz gründlicher Suche nichts, dann müssen wir den Eltern trotzdem Hilfestel- lung bieten. Hat man sich in der laufenden Pandemie zu lange auf dem Eindruck der Unbetroffenheit von Kindern ausgeruht, fehlt es an Aufmerk- samkeit für ihre gesundheitliche Situation? Ja, davon bin ich fest überzeugt. Das würde ich aber nicht als Versagen einstufen, denn es ist auch verständlich. Wir konnten sicher nicht auf alles vorbereitet sein. Gestorben sind die alten Menschen, deshalb war es richtig, diese in den Fokus zu nehmen. Jetzt ist es aber an der Zeit, dass wir uns auch um die jüngeren Men- schen kümmern. An unserer Klinik werden immer mehr junge Menschen schwerkrank. Wir haben aktuell Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren in der Klinik und zwei 20-jährige, die kurz vor der Intensivstation stehen. Die britische B.117-Variante scheint sich bei jungen Menschen doch stärker auszuwirken und ich hoffe, dass wir bei uns nicht verstärkte Probleme mit der südafrikanischen und brasilianischen Variante bekommen. Ich bin unsicher, ob dann die Imp- fungen noch so gut schützen. Wir müssen also selbst und schnell mit mehr Impftempo aufein- ander aufpassen. Das Abstandhalten und Testen 42 › Corona Update
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