lausebande_05-2021
Titelthema ‹ 75 Wir drohen ein Land der Nichtschwimmer zu werden Wir haben Sie zuletzt 2012 interviewt. Auf die Fragen nach Ihren weiteren beruflichenWün- schen haben Sie damals geantwortet, dass Sie noch nicht wissen, wo Sie der weitere Weg hinführt. Sind Sie heute – zehn Jahre später – „angekommen“? Ja, ich bin 2012 zum zweiten Mal Mutter geworden und konnte meinen Le- bensmittelpunkt in meiner Familie finden. Ne- benher setze ich mich für meine Stiftung ein und kämpfe dafür, dass unsere Kinder bundesweit si- cher Schwimmen lernen. Warum liegt Ihnen das Thema so am Herzen? Sport und Schwimmen sind meine große „Liebe“ und ich fühle mich nach meiner erfolgreichen Kar- riere ein Stück weit verantwortlich. Zwei Drittel unserer Grundschulkinder können, wenn sie die Grundschule verlassen, nicht oder nicht sicher schwimmen und die Zahl der Ertrinkungsunfälle mit Kindern steigt seit Jahren. Vor demHintergrund dieser besorgniserregenden Entwicklung setze ich mich seit mehr als zehn Jahren dafür ein, dass unsere Kinder in Deutschland richtig und sicher schwimmen lernen. Wie helfen Sie ganz konkret mit Ihrer Stiftung? Ich möchte mit meiner Stiftung erreichen, dass jedes Kind in Deutschland mindestens eine Schwimmart richtig beherrscht. Damit sie beispiels- weise im vielleicht wilden Spiel anderer nicht in Schwierigkeiten geraten, genügt es nicht, wenige Minuten ‚irgendwie‘ überWasser zu bleiben. Meine Stiftung kooperiertmit Schulen und Lehrern, Ämtern und Schwimmbadbetreibern. Wir sind das Bindeglied zwischen der Stadt bzw. den Bäder- betrieben und den Schulen und stehen ihnen zur Seite, damit auch in ihrer Stadt bzw. in der Schule der Schulschwimmunterricht optimal umgesetzt wird. Wir finanzieren die Verwaltungskosten und Lehrassistenten und stellen eine fachlich fundierte Durchführung sicher. Im Mittelpunkt stehen dabei die Grundschulkinder; wir betreuen gleichermaßen Kinder mit und ohne besondere Anforderungen, mit und ohne Handicap. Die Schwimmhallen in Deutschland sind seit einem halben Jahr geschlossen. Lässt sich schon einschätzen, welche Folgen das für die Schwimmfähigkeit von Kindern hat? Wenn wir nicht schnell wieder die Schwimmvereine und den Badebetrieb in Schwung bekommen, werden wir ein Land der Nichtschwimmer. Wir werden viele Badeunfälle haben, die zum Teil tödlich enden werden. Daher hoffe ich auf die einzelnen Bundesländer, dass wir mit sicheren Corona-Auflagen gezielt den Badebetrieb für den Schwimmunterricht in den Vereinen und Schulen wieder öffnen können. Manche Kinder sind eher wasserscheu – wie nehmen Eltern solchen Kindern die Angst vor dem Wasser? Mit einfachen Übungen lässt sich das Vertrauen zum Wasser auch zu Hause aufbauen. Erst mal muss das Kind den Druck des Wassers auf den Körper spüren, auf den Kopf, auf das Gesicht und auf die Augen. Das geht in der Badewanne, mit Duschen und Tauchen. Sehr wichtig dabei: den Waschlappen weglassen. Manche Eltern halten ihren Kleinen beim Du- schen einen Waschlappen vor die Augen. So kommt zwar kein Wasser hinein, aber leider stellt sich der Reflex ein, nach einem Wasch- lappen zu greifen, wenn das Gesicht nass wird. Darum: Den Waschlappen wirklich nur zum Waschen verwenden! Auch auf die Schwimm- brille sollte man verzichten. Ein Kind sollte von Anfang an lernen, seine Augen unter Wasser zu öffnen. In einer Gefahrensituation, etwa wenn es über Bord geht, kann es auch nicht als Erstes nach seiner Brille suchen. Das Tauchen kann man spielerisch üben, mit Gummitieren in der warmen Badewanne – ohne Seife, ganz wichtig! –, nach denen die Kinder tauchen können. Und was auch sehr gut ist: blubbern. Wenn die Kinder mit einem Strohhalm Luft ins Wasser blubbern, lernen sie, gegen den Wasserwiderstand Luft rauszupusten. Die Unterwasser-Ausatmung ist das Fundament. Reisen war zuletzt schwierig – sind Sie dennoch ab und zu in Ihrer alten Heimat, der Lausitz, unterwegs? Die Lausitz ist eine wunderschöne Gegend, mit vielen Kindheitserinnerungen, die für mich immer ein StückHeimat bedeutenwird.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxMjA2