lausebande-05-2024

Seit unsere Kinder in der Kita sind, gehören Freundebücher zu den regelmäßigen Leihgaben in unserer Wohnung. Tatsächlich war es schon in meiner Kindheit ein schönes Ritual, ein solches Buch in der Klasse herumzugeben. Und ich bin froh, dass es noch keiner digitalen Alternative gewichen ist. Dennoch war ich etwas überrascht, als ich das erste Freundebuch im Kitafach meines Kindes fand. Denn mein Kind war damals noch nicht einmal drei. Ich ahnte, dass es eine Herausforderung sein würde, die Fragen mit ihm zusammen zu beantworten. Ganz zu schweigen von dem Bild, das mein Kind in das Buch malen sollte. Zu Hause versuchten wir uns dann gemeinsam an der Beantwortung der Fragen. Viele Felder musste ich einfach leer lassen, da mein Kind mit knapp drei weder einen Lieblingsschauspieler noch eine Lieblingssängerin hatte. Die hinterlassene Zeichnung, die diesen Namen nicht verdient, habe ich verdrängt. Mit dem Alter der Kinder steigt auch die Zahl der Freundebücher, die zeitweilig bei uns Einzug halten, und die Routine sie auszufüllen. Solange meine Kinder weder lesen noch schreiben konnten, war die Verlockung groß, die Antworten der Kinder etwas zu filtern. Wollte ich da wirklich stehen haben, dass mein Kind nur jene Dinge gern isst, die in der Ernährungspyramide ziemlich weit oben stehen? Ich habe mich dann doch für die ehrliche Variante entschieden. Und damit haben wir uns gut in die Masse eingefügt. Nudeln, Pizza, Nuggets und Milchreis standen bei fast allen Kindern hoch im Kurs. Nur gelegentlich steht dort Spinatlasagne oder Möhrensuppe. Manchmal lerne sogar ich etwas über unsere Kinder, vor allem beim Berufswunsch: Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass mein Sohn Fotograf werden will. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn noch wechseln die Berufswünsche meiner Kinder so häufig wie die Jahreszeiten. Sie wollen wahlweise Astronautin oder Eisverkäufer, Straßenkünstlerin oder Kindergärtner werden. Das steht besonders oft drin, seit mein Mann als Erzieher arbeitet. Seltsamerweise will bisher keines meiner Kinder bei der Zeitung arbeiten. Offenbar taugt mein Vorbild nicht viel. Die meiste Zeit sitze ich am Rechner und tippe. Das sieht für die Kinder nicht wirklich nach Arbeit aus, geschweige denn sehr nachahmenswert. Ein Lächeln zauberte mir einmal die Antwort meiner Tochter ins Gesicht: Auf die Frage „Was willst du werden, wenn du groß bist?“, meinte sie: „Eine Mama.“ Als meine Kinder in der Vorschule waren, durften sie selber ihre Freundebücher an ihre Kitakumpel geben. Ich war der Meinung mit fünf bis sechs Jahren sind die Kinder alt genug, um ein Freundebuch mit Unterstützung der Eltern sinnvoll auszufüllen. Aber mir wurde schnell klar, warum manche Eltern schon zwei Jahre zuvor angefangen hatten. Denn manchmal kam das Buch einfach nicht zurück. Ich wartete zwei Wochen, drei Wochen. Als es nach vier Wochen noch nicht zurück war, sprach ich die Eltern direkt an. Ich musste das im Laufe von drei Kitakindern in vergleichsweise großen Gruppen leider nicht nur ein Mal machen. Die beiden Standardausreden waren: 1) Wir haben das schon längst ausgefüllt, aber ich muss noch ein Foto ausdrucken. 2) Sorry, wir hatten so viel zu tun, ich bin einfach noch nicht dazu gekommen. Seitdem achte ich darauf, dass wir ein fremdes Freundebuch nicht länger als eine Woche bei uns haben, meistens füllen wir es noch am selben Tag aus. Unsere Kinder sind mittlerweile alt genug, dass sie das selbstständig machen. Das schöne: In der Regel dauert das nur ein oder zwei Tage, dann kann das Freundebuch zum nächsten Freund. Hier sollten wir Eltern uns mal ein Vorbild an unseren Kindern nehmen. Lausitz-Mummy: Freunde in Büchern

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