lausebande-05-2024

rokratie vor unserer Haustür nicht allein das Verschulden der EU sein kann. Deutschland hat mit Fehlervermeidungskultur und Detailversessenheit in der nationalen Umsetzung der EU-Gesetze über Jahrzehnte hinweg selbstverschuldet jenes Bürokratiemonster aufgebaut, das uns jetzt große Probleme bereitet. Einen neuerlichen Beweis wird das Lieferkettengesetz liefern, das in Deutschland wiederum eine Kette an Gesetzen befürchten lässt. Man sollte sich hierzulande auch einmal fragen, warum es EU-weit eine Mehrheit gefunden hat. Das liegt sicher auch an der Erfahrung, wie EU-Recht anderswo umgesetzt wird. Wie stark nationales auf EU-Recht fußt, zeigt eine Studie, die bereits einige Jahre auf dem Buckel hat. Bereits vor 2010 wurden nationale Gesetze im Umweltrecht zu 81%, in Ernährung und Landwirtschaft zu 61% und in der Justiz zu 48 % durch EU-Recht beeinflusst. Im Durchschnitt über alle Politikbereiche lag der Anteil bei 36 % (König/Mäder Zeitschrift für Direkte Demokratie Nr.85 1/10). In den 15 Jahren zuvor hatte dieser Anteil um rund 10% zugenommen, heute – 15 Jahre später – ist er sicher weiter gestiegen. Es geht dabei fast immer um Regelungen für den gemeinsamen Markt, um einheitliche Standards und damit um Fairness und Wohlstand innerhalb der EU. Das ist – wie im Fall der berühmten krummen Gurken – dann auch mit Bürokratie verbunden. Wer aber selbst bei diesem Thema tiefer schürft, wird entdecken, dass die EU hierbei einer Forderung der Bauernverbände nachkam, die eine Vergleichbarkeit der Produkte für eine faire Bewertung auf dem Markt erreichen sollte und auch erreicht hat. Unterm Strich dürfte EU-Recht heute rund die Hälfte nationalen Rechts in Deutschland beeinflussen und einige Bereiche wie Umwelt und Landwirtschaft sogar weitgehend dominieren. Das zeigt, wie wichtig die Europawahlen auch für Themen wie Klimaschutz, Energie und Strukturwandel sind, die für unsere Lausitz und die Zukunft unserer kommenden Generationen eine besondere Relevanz haben. Zudem regelt die EU die Freizügigkeit von Fach- und Arbeitskräften im EU-Binnenmarkt, somit auch die Chance, überall problemlos studieren zu können. Ein gutes Beispiel für Folgen eines EU-Austritts, wie ihn manche Populisten fordern, liefert der Brexit, der Großbritannien nach aktuellen Schätzungen nicht nur 160 Milliarden Euro Wertschöpfung pro Jahr kostet, sondern auch einen Großteil der Arbeitnehmer aus den EU-Staaten. Vor Beginn der Brexit-Debatte im Jahr 2017 waren 2,35 Millionen Bürger aus EU-Ländern beruflich auf der Insel tätig, binnen fünf Jahren danach waren es nach Angaben des Beratungsunternehmens Deloitte nur noch rund die Hälfte. Der Brexit hat Großbritannien somit rund 1,2 Millionen Arbeitskräfte gekostet. Deutschland ist nun wieder das mit Abstand führende Land mit Beschäftigung von EU-Bürgern anderer Länder, die Kosten des von der AfD im Europawahlprogramm verankerten DEXIT sind durch die vorliegende Blaupause Großbritanniens an Fakten abschätzbar – und würden über die Wirtschaft den Wohlstand aller Menschen treffen. Insbesondere in Gesundheit und Pflege, erst recht in einer grenznahen Region wie der Lausitz, wäre die Versorgung nicht mehr zu sichern. Insofern sollten gerade Familien, die ihren Kindern ein gesundes Aufwachsen mit guten wirtschaftlichen Zukunftsperspektiven und der Chance für prägende Auslandserfahrungen ermöglichen wollen, drei Mal überlegen, wo sie ihr Kreuz setzen und wie sie am Familientisch über aktuelle Probleme diskutieren. Gerade in der Lausitz mit extrem ungünstiger Demografie – im kommenden Jahrzehnt wechselt ein Drittel der Erwerbsbevölkerung in den Ruhestand – steuern wir auf sehr große Herausforderungen zu. Tipp: Informationsveranstaltung mit EU-Spitzenkandidaten für die Region Cottbuser Europagespräche: 23. Mai 2024 um 17 Uhr, Stadthaus Cottbus EU-Wahlveranstaltung der Kammern und Wirtschaftsverbände: 24. Mai um 15 Uhr, Startblock B2 Cottbus Europa von einer seiner schönsten Seiten: der länderübergreifende Park von Fürst Pückler in Bad Muskau. Foto: René Egmont Pech Aktuelles ‹ 41

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