Vogelhochzeit: Alljährlich am 25. Januar stellen Kinder einen Teller auf das Fensterbrett oder vor die Tür und werden von den Vögeln, die an diesem Tage Hochzeit feiern, reich beschenkt. Dies geschieht oft zum Dank dafür, dass die Vögel im Winter gefüttert wurden. Auf dem Teller liegen dann allerlei Süßigkeiten. Die mit besonderem Geschick vom Dorfbäcker hergestellten Vögel aus Milchbrötchenteig mit Zuckerguss und Sultaninenaugen versehen, „sroki“, zu Deutsch Elstern, dürfen auf keinen Fall fehlen. Die Herkunft des Brauches ist nicht klar belegt. Zum einen wird er als vorchristlicher Seelenkult bzw. Vorfrühlingsritual gedeutet. Eine andere Erklärung bietet die Beobachtung, dass die Vögel um diese Zeit wieder anfangen zu singen, die Natur also wieder erwacht. Erwähnenswert ist, dass es dieser Brauch sogar bis in die „neue Welt“ geschafft hat. Die heutigen Nachkommen der damaligen sorbischen Siedler in Texas begehen diesen Brauch ebenso am 25. Januar. Zampern: In der Fastnachtszeit erheischen traditionell verkleidete Personen beim Umzug durch das Dorf Geld, Eier und Speck. Zapust/Fastnacht: Festumzug der Jugend in sorbischer Tracht durch das Dorf, der meist nach dem Zampern stattfindet. Ostern: Fest mit den Sorben verbunden wird das Osterfest. Auch hier gibt es regionale Unterschiede. Am Gründonnerstag wird die Patensemmel, sorbisch „kmótřiska całta“, an die Patenkinder verschenkt. Früher war dieser ca. 30 cm lange Milchzopf das einzige Geschenk des Paten an die Patenkinder. Ostereier-Verzieren: Typische sorbische Verziertechniken sind die Wachsbatik- und Wachsbossiertechnik sowie die Kratz- und Ätztechnik. Ostersingen: Um Hoyerswerda und in der Schleifer Region gibt es den Brauch des Ostersingens, das „Jatšowne spiwanje“. Es handelt sich um einen tiefreligiösen Brauch. Mädchen und Frauen schreiten in der Nacht zum Ostersonntag in Reihen geordnet und geistliche Lieder singend, durch das Dorf und um die Äcker. Diese Flurumschreitungen sollten vor Bösem schützen und für eine gute Ernte sorgen. Klappern: Wenn die Glocken schweigen, ziehen zwischen Gründonnerstag und Karsamstag in einigen katholischen Dörfern Jungen mit Holzklappern durch das Dorf, um alle Gläubigen zum Gebet einzuladen. Osterfeuer: In der Nacht zum Ostersonntag wird in vielen Dörfern der Winter und mit ihm die bösen Geister mit einem großen Osterfeuer vertrieben. Osterschießen: In der Oberlausitz werden die Geister des Winters mit den Schüssen aus Kanonen vertrieben – ebenfalls in der Osternacht. Waleien: Ein besonders bei Kindern beliebtes Ritual, bei dem verzierte Eier über eine schräge Bahn („wala“) oder einen Hügel hinabgerollt werden. Osterwasser: In der Osternacht vor Sonnenaufgang schöpfen Mädchen aus einem Fließ oder Brunnen Osterwasser, sorbisch „Jatšowna wóda“. Diesem Wasser wird eine besondere Kraft zugesprochen. Es heilt Mensch und Tier, fördert die Gesundheit, Schönheit und Fruchtbarkeit und es verdirbt nicht. Das Osterwasser muss schweigend geschöpft und heimgetragen werden, sonst wird es kraftlos und verkommt zum „Plapperwasser“. Junge Burschen machen es sich zum Spaß, den Mädchen aufzulauern und diese zu erschrecken, in der Hoffnung, ihnen einen Schrei zu entlocken und so das magische Wasser unbrauchbar zu machen. 76 › Titelthema Sorbische Rituale und Bräuche von Januar bis Dezember Osterreiter in Wittichenau.
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