Seite 46 - lausebande-06-2013

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Kolumne :: Seite 46
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
::
Familie ins Kanu und startete die Kreuzfahrt. Meine
Kids feuerten mich an, alle anderen Paddler zu über-
holen. Vom Start weg simulierte ich den deutschen
Ruder-Achter. Nach 20 Minuten war ich klitschnass.
Ich schwitzte so schnell, dass meine Haut komplett
freigespült wurde, auch vom Mückenspray. Die ge-
samte Mückenlarvenpopulation hatte scheinbar auf
diesen Moment gewartet und schlüpfte. Mücken re-
agieren auf Wärme – und im gesamten Spreewald
war ich der wärmste Punkt. Ab sofort absolvierte ich
einen Triathlon: Paddeln, Mücken klatschen und bei
all dem noch die Kinder anlächeln.
Auf halber Strecke rasteten wir. Meine Arme waren
wie Gummi, verschwitzt umgab mich ein Geruch
nach Katzenklo, der Hintern tat vom harten Sitz weh,
mein Oberkörper war ein mückengemachter Streu-
selkuchen. SuperDaddy sah aus wie Tom Hanks
nach 100 Tagen auf seiner einsamen Insel. Nochmal
die gleiche Strecke war unvorstellbar, aber ein Vater
gibt vor seinen Kids nicht auf. Also plante ich insge-
heim eine Abkürzung. Ein fataler Fehler, wenn man
als Laie die Wasserkarte mit allen verzeichneten
Fließen deuten will. Wussten Sie, dass es sozusagen
Einbahnfließe gibt und das man mit einem Kanu auf
Grund laufen kann? Es gibt auch verdammt tiefe Brü-
cken, sie machten uns zu den Limbokönigen unter
den Spreewaldpaddlern. Wir lernten Einheimische
kennen, die scheinbar seit Jahren keinen Besuch
hatten. Vollkommen entkräftet wäre ich dann kurz
vorm Ziel in einer Schleuse fast gekentert, bei der ich
im Kanu sitzen blieb. Ein mit Japanern vollbesetzter
Kahn setzte sofort zum Beifall und kollektiven Fotos-
hooting an, als ich beim Hereinschießen des Wassers
in die Schleude die Kontrolle übers Kanu verlor. Mei-
nen Kids verkaufte ich das Ganze als geplante Spree-
wald-Safari und erklärte ihnen, wie toll der Papa
gepaddelt ist und das sich das überall herumgespro-
chen hat. Sogar die Japaner haben das fotografiert.
Stolz wie Bolle erzählten sie das in der Folgewoche in
der Schule. Jetzt habe ich schon Anrufe von vier Klas-
senlehrern, die diese tolle Spreewald-Safari bei mir
buchen wollen. Dabei habe ich mich vom letzten Wo-
chenende voller Schmerzen noch nicht einmal annä-
hernd erholt. Verdammt, die 10 Kilometer hätten es
doch auch gemacht. Warum müssen Frauen nur im-
mer Recht behalten? Euer lausitzDADDY
Nach einem endlosen Winter brachte der
Mai ja endlich die ersten schönen Sonnen-
tage mit sich. Die Familie war ausgehungert
und wollte ins Freie, durch den Feiertags-Mai und die
fehlenden Arbeitstage türmten sich aber unendliche
Projekt-Stapel auf dem Schreibtisch. Also vertröstete
ich meine Mannschaft aufs Wochenende – dann soll-
te es aber eine ganz große Paddeltour im Spreewald
sein. Die Kleinen freuten sich und ich wollte ein biss-
chen Büro-Winterspeck loswerden. Satte 20 Kilome-
ter Paddelei plante ich und setzte mich gegen meine
bessere Hälfte durch, die schlappe 10 Kilometer für
ausreichend hielt. Wenn wir zusammen paddeln, ist
das ein Kinderspiel, sagte ich, bestellte ein Kanu und
kaufte reichlich Sonnencreme und Mückenspray.
Ausgerechnet in der Nacht zum Samstag hatte sich
meine Frau verlegen, Sitzen war okay, aber an Pad-
deln war nicht zu denken. Beim Frühstück machten
unsere Kinder lange Gesichter, denn sie prophezeite,
dass der blasse Büro-Papa die 20 Kilometer nie und
nimmer schafft. Da warf ich mir die blaue Tischdecke
über den Rücken, stieg auf den Stuhl und rief: Super-
Daddy schaukelt den Kahn schon allein, 20 Kilometer
sind ein Klacks! Der Familienausflug ist jetzt Chefsa-
che, Olé! Ich hätte schwören können, dass ein Su-
permanzeichen auf meiner Brust brannte. Die Kinder
strahlten, meine Frau verdrehte die Augen.
Eine Stunde später am Bootsverleih schaute mich der
Bootsverleiher prüfend an, als er hörte, dass ich al-
lein paddeln muss. Ob es nicht lieber noch nur die 5
Kilometer-Tour sein soll? Offensichtlich hatte er den
Superpaddler in mir nicht entdecken können und be-
trachtete mich wie den Woody Allan der Spreewald-
Fließe. Männer überlegen in solchen Situationen
nicht, ich schon gar nicht. Ich schaltete sofort auf
Wettkampf, setzte mein Geweih auf, verfrachtete die
Noch nicht genug gelacht?
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