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Titelthema :: Seite 67 » Statistiken da- rüber gibt es nicht, doch es ist gut möglich, dass Malte für ein paar Tage der jüngste Schiedsrich- ter Deutschlands war. Die Prüfung zum Schiedsrich- ter hat er vier Tage vor seinem 12. Geburtstag bestan- den. Laut DFB-Schiedsrichter-Ordnung muss man mindestens 12 sein für das Ehrenamt. Mittlerweile hat Malte viele Spiele gepfiffen und festgestellt: „Ich muss im Spiel sehr schnell eine Entscheidung tref- fen, das ist schwerer als man denkt.“ Und da kommt es auch mal zu Fehlentscheidungen. Eine solche war es, die Malte zum Schiedsrichter-Amt gebracht hat. Als Spieler hatte er nach einem Foul die gelbe Karte gesehen – seiner Meinung nach ungerecht- fertigt. Den Ärger darüber hatte er schnell hinun- tergeschluckt, aber für sich beschlossen: Das kann Ich & mein Ehrenamt – Schiedsrichter Malte man auch besser machen – und sich bei seinem Verein, dem VfB Weißwasser, um einen Schieds- richter-Lehrgang beworben. Pro Woche pfeift er ein Jugend-Spiel oder ist als Linienrichter unterwegs. Kürzlich durfte er sein erstes Spiel bei den Männern pfeifen. Da gilt es, sich als 13-Jähriger erstmal Res- pekt zu verschaffen, aber das ist ihm gelungen: „Vor dem Spiel dachten sie: Was will der Kleine denn hier? Aber danach haben sie mir gesagt: Das hast du gut gemacht.“ Dabei ist auch Malte nicht vor Fehl- entscheidungen gefeit. Einmal hat er als Linienrich- ter bei einem Spitzenspiel die Fahne zu früh geho- ben und so eine Mannschaft um den Sieg gebracht. „Auch ich mache Fehler, aber trotzdem macht mir das Schiedsrichter-Amt großen Spaß und ich will auf jeden Fall weitermachen.“ Malte Witt (13) VfB Weißwasser jenen Menschen, die vermeintlich viel Zeit haben müssten, vergleichsweise gering: Rentner und Arbeitslose engagieren sich deutlich seltener im Verein als Berufstätige. Nach einer Umfrage der Böckler-Stiftung von 2012 steigt mit zunehmender Arbeitszeit auch die Zeit fürs Ehrenamt: Demnach wenden Vollzeitbeschäftigte mit einer effektiven Arbeitszeit von 44 Wochenstunden nochmals knapp vier Stunden pro Woche für ein Ehrenamt auf, fast immer Männer. Dagegen arbeiten Frauen öfter in Teilzeit und engagieren sich seltener. Of- fensichtlich haben alte Rollenmuster auch Einfluss aufs Ehrenamt: Die Frau kümmert sich um die Kin- der und hält dem Mann den Rücken frei für Arbeit und Ehrenamt. Die Tatsache, dass Arbeitszeit und Arbeitsort in vielen Berufen immer flexibler werden, erleichtert die Bereitschaft für ein Ehrenamt. Wer sich seine Arbeitszeit frei einteilen und auch mal kurzfristig vom Büro fernbleiben kann, engagiert sich eher. Für Kinder und Jugendliche gilt: Sie investieren heute im Durchschnitt weniger Zeit ins Ehrenamt als noch vor ein paar Jahren. Das liegt vermutlich zum einen an gestiegenen Anforderungen in Schu- le und Studium (Wechsel zu G8 und zu Bachelor- Studiengängen). Zudem weitet sich die Zahl der Ganztagsangebote an Schulen aus, so dass weni- ger Zeit für andere Dinge bleibt. Bleibt die Frage: Warum engagieren sich Men- schen freiwillig, warum nehmen sie sich neben Hausaufgaben, Prüfungsvorbereitung, Vollzeitjob, Familie noch Zeit, um anderen Gutes zu tun? Motive fürs Engagement Eine sympathische Erkenntnis vorneweg: Wer sich ehrenamtlich engagiert, dem geht es nicht ums Geld oder die Karriere. Finanzielle Motive oder das persönliche Vorankommen haben nur wenige Befragte als wichtigen Grund für ihr Engagement angegeben. Im Freiwilligensurvey gaben nur 10- 15 Prozent an, dass sie Aufwandsentschädigung, Geldzahlungen oder Sachzuwendungen erhalten haben. Die Hauptmotive für ein Ehrenamt lassen sich nicht rationell begründen. Wer sich engagiert, macht das gern, er hat Spaß an seiner Tätigkeit, er möchte seine Umgebung mitgestalten, er sucht Kontakt zu anderen. Ehrenamt kann auch ein Aus- gleich sein zu dem, was man bereits zu Hause und auf Arbeit leistet. Eine Studie der Böckler-Stiftung von 2012 bestätigt diese Tendenz, beleuchtet aber einen weiteren
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