lausebande- 06-2020

Titelthema :: Seite 56 en. Ich glaube, da hilft nur Geduld. Zum Glück haben wir Kinder, die den Mut haben, wenigstens mal zu probieren, auch wenn sie es dann gleich wieder angewidert aus dem Mund schieben. Und worauf können sich alle eini- gen? Das sind – wie vermutlich in fast allen Familien – die Nudeln. Das wurde noch befördert durch die Corona-Krise. Als es losging, saßen wir in Togo fest und wuss- ten nicht, wann wir ausfliegen könnten. Auf den Rat der deut- schen Botschaft hin haben wir uns dort mit Nudeln bevorratet und davon zehren wir bis heute. Wie läuft denn eine typische Fa- milienmahlzeit bei Ihnen ab – sind die Tischregeln eher locker oder eher streng? Es gibt die Re- gel, dass wir unsere Mahlzeit mit einem Tischgebet beginnen. Gera- de aktuell ist das für unsere Mitt- lere ein wichtiger Anker, weil sie das aus dem Kindergarten kennt. Eigentlich soll das Essen erst nach dem Tischgebet beginnen. Das klappt aber nicht mit drei Kindern am Tisch, die sich wie die Hyänen aufs Essen stürzen. Außerdem sind wir etwas spießig und ach- ten darauf, dass keine Ellenbogen auf dem Tisch sind und dass beim Essen niemand aufsteht. Aber das klappt leider auch nicht so ganz. Was ist Ihr Lieblings-Familien- Rezept? Für mich ist das Selle- rieschnitzel eine ganz tolle Entde- ckung. Das schneide ich mit dem Messer oder der Brotschneidema- schine in Scheiben, paniere es, brate es in der Pfanne und lasse es dann noch 15 bis 20 Minuten im Ofen durchgaren. Das ist für mich ein total leckeres Erlebnis, auch weil ich versuche, Fleisch aus un- serer Küche zu verdrängen. Und die Kinder mögen es. Obwohl es aus nicht aus Fleisch, sondern aus Sellerie ist? Das wis- sen sie nicht und das merken sie auch gar nicht. Wer räumt nach dem Kochen die Küche auf, Sie, Ihre Frau oder die Kinder? Unser Ritual ist es, dass abends einer die Küche auf- räumt und einer die Kinder ins Bett bringt. Das ist für mich nur im Wechsel zu ertragen, weil ich nicht gerne aufräume. Wenn Sie meine Frau gefragt hätten, dann würde sie vermutlich antworten, dass sie meistens die Küche aufräumt. Ist Ihnen ein Gericht auch ein- mal völlig misslungen? Ja, das passiert mir regelmäßig. Ich lie- be zwar das überraschende Ko- chen, das Ausprobieren neuer Re- zepte. Aber im stressigen Alltag setze ich das dann doch nur sel- ten um. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich ganz der Ernäh- rer-Mentalität verhaftet bin, mei- ner Familie eine gute Beute lie- fern zu müssen. Wenn meine Frau am Tisch sitzt und sagt: „Das schmeckt überhaupt nicht“, geht das an mein Ehrgefühl. Und es ist auch nur ein schwacher Trost, wenn meine Frau auf meine Aus- rede „Mein Schatz, isch bin so ver- liebt in disch, dass isch es versal- zen `abe.“ nur müde lächelt. Und gibt es andererseits ein Ge- richt, bei dem Sie die Begeiste- rung Ihrer Familie überrascht hat? Meine große Stunde schlägt, wenn meine Frau in den Kühlschrank guckt und sagt: „Heute gibt’s nichts zu essen, es ist nichts mehr da.“ Dann zaubere ich quasi aus Nichts doch noch etwas. Verraten Sie uns Ihren Zauber- trick? Durch einen afrikanischen Freund habe ich gelernt, mit Ing- wer und Knoblauch in der Küche zu hantieren. Dieser Geschmack schafft eine Grundstimmung, in der jedes Essen schmeckt. Viele Familien müssen derzeit täg- lich kochen. Was empfehlen Sie, damit aus Kochlust nicht Koch- frust wird? Ich glaube, das wich- tigste ist es, fünfe gerade sein zu lassen und wenigstens ein Mal pro Woche zum Lieblingsitaliener zu gehen und sich dort etwas abzu- holen. So machen wir es im Mo- ment. Manchmal durchbreche ich den monotonen Alltag durch verrückte Aktionen wie Piraten- schmaus. Ich verkrieche mich dann mit den Kindern unter Deck, also unterm Küchentisch und dort essen wir dann eine Tüte Backerb- sen auf. Oder Brot mit Zatar. Das ist eine Mischung aus wildem Thy- mian, geröstetem Sesam und Oli- venöl, die ich mal aus dem Liba- non mitgebracht habe. Ich will damit nur zeigen, dass man nicht jeden Tag aufwendig kochen muss und trotzdem tolle Erlebnis- se schaffen kann. [...] Aktuell kochen Familien wieder mehr miteinander – ist eine Fort- setzung Ihres Kochbuchs geplant? Spannende Frage. Vielleicht ist das ja eine gute Idee: Der Return of Willi in the Kitchen. Der Ver- lag hat schon angefragt, ob nicht noch ein Backbuch drin wäre. Ich finde das eine gute Idee, weil bis- her wenig Ofenrezepte drin sind. Aber wahrscheinlich braucht das noch ein paar Jahre, bis die Jüngs-

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