lausebande- 06-2020

Aktuelles :: Seite 83 Kommunalpolitik findet größ- tenteils abends statt. Das ist praktisch für Männer, die das als Hobby neben dem Beruf machen – aber für Eltern gar nicht so ein- fach. Gerade, wenn sie alleiner- ziehend sind. Ein paar Gedanken über politische Teilhabe. Er habe es sich gut überlegt, ob er Politik machen wolle, und des- wegen jammere er auch wegen des Zeitaufwands nicht herum, schrieb ein älterer Stadtratskolle- ge kürzlich unter einem FB-Post, den eine Stadtratskollegin von mir geteilt hatte – es war darin um Kinderbetreuung und die Kostenübernahmen dafür durch die Kommune gegangen. Viele Menschen verstehen nicht, dass Kinder neben Geld auch sehr viel Zeit kosten, dass es auch Geld kostet, sie betreuen zu las- sen, und dass ferner in dem Mo- ment, wo man Politik als Ehren- amt macht, und sei es auch mit Aufwandsentschädigung, keine Erwerbsarbeit möglich ist. Dass man Geld haben muss, oder zumindest nicht arm sein sollte, um sich in der Politik einbringen zu können, sollte eigentlich nicht so sein, ist aber am Ende doch eine Tatsache, die viele davon abhält, politisch aktiv zu werden. Denn Geldarmut und Zeitarmut gehen oft miteinander einher, und gerade Alleinerziehende verfügen rein statistisch gesehen von allen Familien am wenigsten über diese beiden Ressourcen. Das ist ein Dilemma, denn Kom- munapolitik findet größtenteils am Abend statt, und gerade so etwas wie Klausurtagungen sind eigentlich eine feine und sinnvol- le Sache. All dies sind Dinge, die der unbedarfte Beobachter oder der Stadtratskollege mit Frau, die ihm den Rücken freihält, nicht sehen. Das kann und will ich ih- nen auch nicht übelnehmen – so ist der Mensch halt. Bevor ich nicht selbst ein schwerbehin- dertes Kind hatte, habe ich auch wenig über die Schwierigkeiten von Eltern nachgedacht, die pflegende Angehörige sind. Für mich ist es in der Summe aber ein Anreiz, mich vor Ort weiter im Stadtrat einzubringen. Solche Menschen wie ich haben dort ei- gentlich keinen Platz, und genau deswegen ist es wichtig, dass wir dabei sind. Wer schreibt: Christine Finke aus Konstanz ist promovierte Anglistin und alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Sie arbeitet als Autorin und Speakerin. Themen: In ihrem Blog berichtet sie ungeschönt aus ihrem herausfordernden Alltag als Alleinerzie- hende. Der Blog hat ihr mittlerweile eine solche Bekanntheit verschafft, dass sie bundesweit Lob- byarbeit für alleinerziehende Frauen macht und zwei Bücher zum Thema veröffentlicht hat. Den Blog gibt’s seit 2011, pro Monat gibt’s zwei bis drei neue Beiträge – auch zu Themen wie Feminismus, poli- tisches Engagement und Erziehungsklassikern wie Einschlafen und Medienkompetenz. Der Blog: Mama arbeitet Zeitaufwand für die Kommunalpolitik – was ist machbar, was muss sein? www.mama-arbeitet.de © Anna Glad

RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxMjA2