lausebande-06-2024

Titelthema ‹ 49 Rein rechtlich ist es Eltern durchaus erlaubt, ihre (minderjährigen) Kinder über einen GPS-Tracker zu orten. Sollte das Gerät aber auch in der Lage sein, die Umgebung abzuhören, ist es verboten und darf nicht genutzt werden. Alexa im Kinderzimmer? Damit sind wir auch schon bei der Frage, ob Sprachassistenten ins Kinderzimmer gehören, denn auch sie können theoretisch zur Überwachung der Kinder genutzt werden. In vielen Kinderzimmern sind Alexa oder Siri längst eingezogen und eine Art beste Freundin geworden. Laut der regelmäßig erhobenen Jugend-Medien-Studie (JIM) haben 23 Prozent der Jugendlichen ab zwölf Jahren einen smart speaker in ihrem Zimmer. Die Daten stammen von 2023. Für die Kinder-Medien-Studie (KIM) wurden nur die Eltern nach einem smart speaker gefragt. Jede vierte Familie hat ein solches Gerät im Haushalt, wobei nicht erhoben wurde, ob sie auch im Kinderzimmer stehen. Andere Studien zeigen ebenfalls, dass Sprachassistenten besonders bei Familien sehr beliebt sind. Für immer mehr Kinder also gehört die freundliche Sprachassistentin zum Alltag. Dabei rät die Wissenschaft zur Zurückhaltung – vor allem bei jüngeren Kindern. 2019 verglich Cornelia Holsten, Direktorin der Landesmedienanstalt in Bremen, Sprachassistenten mit einem scharfen Küchenmesser: „Es ist so, als ließen Eltern einen Messerblock auf dem Tisch stehen und vertrauten einfach darauf, dass die Kinder schon nicht drangehen werden“, sagte sie in einem Interview mit dem Evangelischen Pressedienst epd. Kleinkinder, so ihre Argumentation, sollten diese Geräte noch nicht nutzen. Erst, wenn Kinder die möglichen Risiken verstehen, solle man sie an die Technologie heranführen. Zuvor hatte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Gutachten vor Alexa als potenziell gefährlich für Minderjährige gewarnt. Kinder und Jugendliche hätten der Speicherung ihrer Daten nicht eingewilligt, so die Autoren. Zudem könnten sie Zugang zu Angeboten im Netz bekommen, die sie sonst nicht aufrufen dürften – beispielsweise rassistische oder pornografische Inhalte. Zudem nehmen vor allem jüngere Kinder die Sprachassistentin als Freundin wahr und würden ihr daher auch persönliche Dinge anvertrauen – was mit Blick auf die unklare Datenverarbeitung und -nutzung der dahinterstehenden Tech-Konzerne problematisch sein kann. Zugleich wies das Bundesinnenministerium die Verantwortlichkeit dafür zurück: „Die Nutzung der Sprachassistenten betrifft Datenverarbeitungen durch nichtöffentliche Stellen.“ Für diese lasse die Datenschutz-Grundverordnung der EU den nationalen Gesetzgebern kaum Regelungsspielraum. Dr. Astrid Carolus, die an der Universität Würzburg zum Miteinander von Mensch-Medien-Maschine forscht, sieht es etwas pragmatischer: „Im Unterschied zu ihren Eltern wachsen Kinder heute ganz selbstverständlich mit dieser Form der Mensch-Computer-Interaktion auf. Die Bedienung über Sprachbefehle ermöglicht Kindern die Nutzung technischer Geräte, auch wenn sie noch nicht lesen und schreiben können. Mit drei bis vier Jahren können sie bereits einfache Sprachbefehle formulieren – das eröffnet ihnen natürlich viele Möglichkeiten.“ Zugleich nimmt sie Eltern in die Pflicht: „Allein die Fähigkeit, etwas zu tun, bedeutet jedoch nicht, dass Kinder die digitalen Geräte kompetent nutzen. Wenn schon die Jüngsten Zugang zu Sprachassistenten haben, ist es Aufgabe der Eltern, bei der Anwendung auf Sicherheit, aber auch auf Sinnhaftigkeit zu achten.“ Eine Studie aus Cambridge von 2022 sieht mögliche Risiken für die sprachliche und soziale Entwicklung von Kindern. Demnach ahmen Kinder die Geräte nach und übernehmen dabei auch deren Unzulänglichkeiten in der Sprache wie

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