Seite 28 - lausebande-0708-2011

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Interview :: Seite 28
Vorschein! So kann ich tatsächlich aus jedem Ge-
spräch auch etwas für mich mitnehmen – das ist
sehr bereichernd. Deshalb liebe ich meine Arbeit
so.
Wie schätzen Sie aus heutiger Sicht die Erziehung
Ihrer Eltern ein? Streng? Lapidar? Genau richtig?
Meine Eltern waren an vielen Stellen konserva-
tiv und auch streng. Als Älteste von 5 Geschwistern
habe ich an bestimmten Stellen „vorgekämpft“ –
es gibt auch Themen, wo ich die Beziehung zu mei-
nen Eltern als genau richtig wahrgenommen habe.
Wenn man später eigene Kinder hat, dann macht
man bestimmte Dinge in Bezug auf die Kinder sehr
bewusst anders. Andere Aspekte ordnet man dann
in der Rückschau auch nochmal neu ein. Durch
eigene Kinder setzt auch eine neue Verarbeitung
der eigenen Kindheit ein – auch ein spannender
Prozess und viele Entwicklungen auf unterschied-
lichen Ebenen.
Wie gehen Sie in der Erziehung mit Ihren eigenen
Kindern vor – und unterlaufen auch einer Super
Nanny dabei typische Fehler?
Ob einer „Super Nanny“ typische Fehler un-
terlaufen??? „Die Super Nanny“ ist eine Kunstfgur
und der Titel der Sendung des RTL-Formats. Nicht
mehr und nicht weniger! So taucht sie auch nur im
Titel auf und ansonsten ist die Diplom-Pädagogin
Katia Saalfrank bei der Arbeit zu sehen und we-
niger „Die Super Nanny“! Ich bin auch zu Hause
schlicht Katia Saalfrank und eine völlig normale
Mutter mit allen Risiken und Nebenwirkungen.
Wir haben ein emotionales Miteinander, lebendi-
ge Auseinandersetzungen, einen bewegten Alltag
und sind eine ganz normale Familie. Man denkt
ja immer, dass Eltern ihren Kindern etwas beibrin-
gen – meine Kinder haben vor allem mir viel bei-
gebracht.
Für ihre Arbeit mit den Familien sind Sie viel in
ganz Deutschland unterwegs. Bleibt Ihnen da
überhaupt noch Zeit für Ihre eigene Familie? Wie
geht Ihr Mann damit um?
Es bleibt mir in der Tat noch Zeit. Das muss
auch sein und ist für mich die Voraussetzung für
alle Projekte! Die Zeit mit der Familie bzw. für mei-
ne Kinder ist mir genauso wichtig, wie mein Beruf.
Ein gutes Gleichgewicht zu halten und meine Zei-
– im Zweifel auch mit Gewalt – durchgesetzt wur-
den. Heute ist das zum Glück anders. Wir haben
Erkenntnisse aus der Entwicklungspsychologie
gewonnen, geforscht und wissen, dass Kinder am
besten ohne Gewalt wachsen können. Dieser ver-
änderte Umgang führt auch zu viel Verunsiche-
rung. Auch gibt es unzählige Literatur zu dem The-
ma Erziehung – da kann man schon mal ein gutes
Bauchgefühl übergehen und wird unsicher, ob
man alles „richtig“ macht. Und das ist der Punkt:
Es geht weniger um „richtig“ oder „falsch“, es geht
um einen Prozess. Erziehung ist vor allem Bezie-
hung. Dazu gehören immer mindestens zwei und
auch wir Eltern entwickeln uns in der Beziehung
zu unseren Kindern, wir machen Erfahrungen und
verändern uns. Erziehung ist also etwas Dynami-
sches und darf auch mal zu Überforderung führen!
Wie können Sie am Ende eines Arbeitstages von
den familiären Problemen Ihrer Schützlinge Ab-
stand nehmen, ohne das eigene Familienleben da-
mit zu belasten?
Ich gehe regelmäßig zur Supervision. Hier be-
spreche ich mit einer Psychologin alle Familien
und meine Beratungsansätze. Zum einen lerne ich
da immer wieder und bilde mich weiter, zum an-
deren kann ich mich dort wieder gut aus den Be-
ziehungen „entwirren“, so dass ich nichts mit nach
Hause nehme. Zu Beginn der öffentlichen Arbeit
war das belastender, denn es ist nicht nur einmal
wöchentlich eine Beratungsstunde mit den Famili-
en, sondern wirklich eine intensive und dichte Zeit
in den Familien. Nach sieben Jahren Beratung in
diesem Format habe ich jedoch gut gelernt, mich
abzugrenzen und für mich zu sorgen.
Können Sie selbst von jedem Dreh etwas lernen?
Was nehmen Sie aus Ihrer Arbeit mit?
Für mich ist das erstmal kein „Dreh“ – es ist
für mich eine pädagogische Arbeit, eine Beratung
in einer Familie, die mit Kameras begleitet wird.
Somit ist es in Bezug auf Ihre Frage kaum ein Un-
terschied zu anderen Beratungen, die ohne den
öffentlichen Rahmen stattfnden. Jede Beratung
ist eine Erfahrung mehr. Es geht bei der Beratung
darum, sich in die verschiedenen Menschen, die
in einer Krise stecken, einzufühlen – da kommen
immer wieder spannende Aspekte, unterschiedli-
che Gefühle und Beweggründe der Einzelnen zum