Titelthema ‹ 61 Die anstehende Impfung, der Gang in den dunklen Keller, das Monster unter dem Bett oder der große Schäferhund vom Nachbarn: Im Alltag von Kindern gibt es immer wieder Dinge und Situationen, die Angst auslösen. Viele Ängste sind typisch für ein bestimmtes Entwicklungsalter und verlieren sich mit der Zeit weitgehend. So spielt die Angst vor Gespenstern mit zwölf Jahren keine Rolle mehr, dafür dann aber vielleicht die Angst vor Mobbing und Ausgrenzung. Was ist Angst und wie äußert sie sich? Doch was hat es eigentlich mit der Angst auf sich und hat sie vielleicht auch etwas Gutes? Fangen wir zunächst mit einer Definition an. Angst ist ein Gefühl, sie ist eine von sieben menschlichen Grundemotionen. Die anderen sechs sind Freude, Ekel, Wut, Überraschung, Trauer und Verachtung. Bei Angst fühlen wir uns bedroht, der Körper wird in Alarmbereitschaft versetzt und kann bei Bedarf auf eine Gefahr reagieren – wahlweise durch Flucht, Gegenwehr oder Starre. Das Angstgefühl entsteht in unserem Gehirn im limbischen System. Dieses löst dann körperliche Reaktionen aus wie die Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin oder Cortisol. Äußerlich merken wir die Angst bei uns selbst oder auch bei unseren Kindern an körperlichen Symptomen wie schnellerem Herzschlag, Gänsehaut, schnellerer Atmung, schwitzigen Händen. Dazu kommen gerade bei Kindern Veränderungen im Verhalten: Sie suchen die Nähe einer vertrauten Person, können nicht einschlafen oder äußern unspezifische Beschwerden wie Bauchweh. Nicht zuletzt können auch schreien („Iiihhh, eine Spinne!“) oder wegrennen ein klares Zeichen für Angst sein. Die gute Nachricht: Die meisten kindlichen Ängste sind nur von kurzer Dauer und wachsen sich aus. Bei Babys und kleinen Kindern ist es oft so, dass sie auf eine sehr konkrete Situation ängstlich reagieren, wie ein lautes Geräusch, das Weggehen der Eltern, den fremden Mann mit Vollbart. In der „magischen Phase“ zwischen etwa drei und sieben Jahren dominieren Ängste vor Monstern, Gespenstern, aber auch vor Gewitter oder Dunkelheit. Wenn Kinder älter werden und Abstraktionsvermögen und Reflexionsfähigkeit entwickeln, treten andere Ängste auf, zum Beispiel vor Ablehnung, Schulversagen, vor Krankheiten und Tod, vor Krieg und Katastrophen. Angsthase, Pfeffernase Ein Ratgeber rund um Ängste bei Kindern Die Illustrationen für dieses Titelthema kommen von der zehnjährigen Helena, die keine Angst mehr vor Gespenstern hat. Altersübliche Ängste im Kindes- und Jugendalter: • 0 – 6 Monate: laute Geräusche • 6 – 9 Monate: Fremde • 9 – 12 Monate: Trennung, Verletzung • 2. Lebensjahr: eingebildete Figuren, Tod, Einbrecher • 3. Lebensjahr: Tiere (z.B. Hunde), Alleinsein • 4. Lebensjahr: Dunkelheit, Monster, Gespenster • 6 – 12 Jahre: Schule, Verletzung, Krankheit, soziale Situationen, Gewitter • 13 – 18 Jahre: Verletzung, Krankheit, soziale Situationen, Sexualität
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