lausebande-11-2019

Kolumne :: Seite 70 lausitzDADDY Innenansichten eines verzweifelten Vaters eins mit diesem wütenden Blick gleich einem Bullter- rier, der versehentlich von Veganern adoptiert wurde. Ich verpasste ihr eine Sprechblase mit dem Gebot der Stunde: „Du sollst keine Handyschalen sammeln. Sonst hole ich dich.“ Dazu retuschierte ich noch et- was Blut in den Mundwinkel und fertig war ein Han- dyschalensammlerinnen-vertilgendes Monster, das gerade dem dunklen Paralleluniversum aus Stranger Things entsprungen schien. Heimlich wechselte ich die Handyschale meiner Kleinen, als ich sie zur Schu- le brachte. Als ich abends nach Hause kam, schien die Handyschale von meiner Kleinen Besitz ergriffen zu haben, ich bekam einen richtigen Schreck. Sie schau- te mindestens genauso wütend drein und hielt mir einen Vortrag, wie peinlich ich sei. Der Superdaddy in mir feierte seinen Sieg natürlich auf ganzer Linie, weil meine Kleine ausgerechnet an diesemTag all ihre Mädels zur noch ausstehenden Geburtstagsparty ein- laden wollte und sie dazu auf dem Schulhof natürlich eine Whatsapp-Gruppe gründeten. Meine apokalypti- sche Greta hatte also den passenden Auftritt. Eine Woche später war meine superpädagogische Maßnahme längst vergessen. Mitten in einer Vor- tragsveranstaltung holte sie mich ein. Im Bündnis mit meiner großen Lady hatte sich mein Schalentee- nie etwas ganz besonderes ausgedacht. Ich referierte gerade in einem Projekt zur Energiewende, als ein Handy lauthals mit der Schwulen-Hymne „Y.M.C.A.“ der Village People loslegte. Es brauchte seine Zeit, bis alle gemeinsam merkten, dass die Hymne aus mei- ner Laptoptasche kommt. Ich begann mit hochrotem Kopf zu wühlen und barg tatsächlich mein Handy aus einer Seitentasche – derart von beiden Seiten in pinkes Plüsch eingeklebt, dass ich nicht einmal den Schieber für die Stummfunktion oder den Knopf zum Ausschalten bedienen konnte. Ein Button auf der plüschigen Handybedeckung verriet „Daddy Plastic – ich parshippe jetzt“. In den ersten Reihen wurden sich Notizen gemacht. Seitdem macht Daddy Plastic unter Geschäftsfreunden die Runde. Ein gutes Dut- zend Handyschalen mit Regenbogenfahnen, zu tief bestückten Einhörnern und anderen eindeutigen Mo- tiven zählt inzwischen zu meiner Sammlung. Meine Kleine meint, ich sei ja nicht besser – und dazu noch verdammt geschmacklos. Greta in wütend ist eben doch nichts gegen Rache in Pink. Euer lausitzDADDY Das größte Geschenk zu meinem Geburtstag war einst, vor so ziemlich der Zeitspanne eines Teenagerlebens, die Geburt unseres Töchterchens. Seitdem feiern wir gemeinsam unsere Jubiläen – oder besser gesagt, ich darf bei meiner Klei- nen mitfeiern, wenn ich mich ordentlich benehme. Als sie noch klein war, sahnten wir als Geburtstags- doppel in vielen Freizeiteinrichtungen ab, da tatsäch- lich beide „Geburtstagskinder“ meist freien Eintritt oder einen anderen Goody erhielten. Mit der Vorpu- bertät, die heute so etwa mit neun Jahren einsetzt, hat sich das natürlich geändert. Seitdem darf ich zu coo- len Geburtstagsevents allenfalls noch den Chauffeur oder den Roadie für das technische Equipment oder die Pausenverpflegung geben. Auch der Geburtstags- tisch kommt seit Jahren ohne selbstgebastelte Bücher oder andere pädagogisch wetvolle Ideen von Super- daddy aus. In diesem Jahr schmückten neben einer Vollausstattung für ein Maleratelier vor allem Make- up und allerlei Handyschalen den Gabentisch. Sie haben richtig gehört: Handyschalen. Für jedes Klei- dungsstück und jede Tageslaune gab es eine andere. Welche mit waberndem Gel, welche mit Schilleroptik, welche mit Prägungen, sogar duftende Handyhül- len zählen inzwischen zur Grundausstattung ... das Universum der Handyschalen ist der heimliche SUV heutiger Teenies. Jeder Freitagsfuturist hat sicher eine halbe Tonne Plastik in seiner Handyschalenkommode daheim. Wer Delphine noch immer so süß findet, der sollte der Plastikmode fürs digitale Außengehirn auch die Stirn bieten, dachte ich mir. Sie ahnen schon, der Superpädagoge in mir regte sich wieder. Ein Exempel musste her, das unser kleines Schalentier wieder in die Schranken ... ähm aus den Schalen ... weist. Ich lud mir ein Bild von Greta Schulstreik aus dem Netz, Noch nicht genug gelacht? Alle Kolumnen zum Nachlesen unter www.lausebande.de

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