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Kolumne :: Seite 70 lausitzDADDY Innenansichten eines verzweifelten Vaters Blick mit diesem amüsierten Das-hast-du-dir-fein- selbst-eingebrockt-Blick. Was, den kennen sie auch? Mein Junior hingegen stimmte nach der Ru- hepause gleich ein und wollte als Juniorpartei bei den Sondierungen mit am Tisch sitzen. Es half nichts, Familienkanzler Papa lud die drei weiteren Parteien zur großen Autosondierung an den Sofatisch. Nach drei Abenden hatte ich ein gro- ßes Mitgefühl zu den Berliner Jamaika-Insulanern aufgebaut. So eine Sondierung ist ein echter Kno- chenjob. Meine Kleine hatte als unumstößliche For- derung auf der Liste: das Auto muss niedlich sein und runde Augen haben. Bei der Farbe pink hatte ich sie nach drei Tagen mit Zugeständnissen an ein Jahr Hoheit über das Musikprogramm im Auto weichgeklopft. Unser Junior hingegen wollte den geplanten Kleinwagen zum digitalen Supergefährt aufmotzen. Digitale Bildschirme, W-LAN, umlau- fendes LED-Tuning im Innenraum und irgendwo hatte er auch eine unter die Rücksitzbank integrier- te Spielekonsole gesehen. Außerdem malte er eine Skizze mit Spoilern, die mehr an einen Formel 1-Bo- liden denn an den geplanten, kleinen Zweitwagen erinnerte. Meine bessere Hälfte wollte Qualität mit guter Wirtschaftlichkeit und einem guten Wieder- verkaufswert – und bei mir fiel ein praktisch orien- tiertes Modell nach dem anderen durch. Am fünften Tag unserer Sondierungen wurde in Ber- lin das Scheitern von Jamaika bekanntgegeben. Mei- ne Kleine war vollkommen baff und sah schon ihr Rundes-Augen-Auto in Gefahr. Ich druckte mir im Arbeitszimmer ein Merkel-Porträt aus und bastelte daraus eine Maske. Im Bunde mit Super-Angie führte ich die Sondierungen mit der Drohgebärde des Berli- ner Scheiterns noch am selben Abend zu Ende. Zum Glück fuhr nach den Nachrichten unser Kompromiss durch den Werbeblock. Ein niedlicher Mini mit run- den Augen, Spoiler, cooler Technik (für den Junior) und solidem Werterhalt. Alle jubelten. Beim Blick auf den Preis wurde mir bei der Bestellung am Folgetag dann doch etwas anders. Aber so ist das in einer guten Familienkoalition. Dann geht es nächsten Sommer eben doch nicht nach Jamaika, sondern nach Zingst. Ein bisschen Scheitern gehört eben immer zum Er- folg, auch bei Superpädagogen. Euer lausitzDADDY Im November habe ich mir bei einem Aus- flug als Superpädagoge einmal mehr ein blaues Auge in Sachen Familienkommuni- kation geholt. Alles begann, als ich meine Tochter beim Nachrichtenschauen etwas barsch zur Ruhe rief, weil ich die aktuellen Ergebnisse der Jamaika- Sondierungen nicht verpassen wollte. Meine Kleine war natürlich eingeschnappt und fragte, was denn wichtiger als ihre „Schultagesnachrichten“ sei. Da- raufhin erklärte ich ihr, worum es bei den Jamaika- Sondierungen und der evtl. folgenden Regierungs- koalition geht. Natürlich wurde das wieder zu einem Auftritt für den Superpädagogen in mir. Mit klugem Blick erklärte ich ihr, das sei fast wie in ei- ner guten Familie. Da möchte auch jeder Vieles für sich, man muss sich dann aber im Zusammenleben auf gemeinsame Regeln einigen und jeder macht dabei etwas Abstriche von seinen Wünschen, und trotzdem wird man allen bestmöglich gerecht. So, wie wir immer den Urlaub besprechen und dann gemeinsam entscheiden, wo es hin geht. Nur das es bei den Sondierungen zur Regierung eben die Par- teien statt der Familienmitglieder sind und dass es um etwas viel Größeres geht – und deshalb wollte der Papa das auch hööööören! Meine Kleine blickt mich mit genauso klugen Au- gen an. „Papa, ich habe das gehöööört. Und auch verstaaanden! Dann machen wir jetzt eine Son- dierung zu unserem neuen Auto.“ Verdammt, wir hatten uns seit Tagen über die Neuanschaffung eines Zweitautos unterhalten und ich hatte das zur Chefsache erklärt. Nach der Sondierungsforderung herrschte im Wohnzimmer absolute Stille – meine bessere Hälfte erwiderte meinen hilfesuchenden Noch nicht genug gelacht? Alle Kolumnen zum Nachlesen unter www.lausebande.de

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