lausebande-12-2018

Titelthema :: Seite 47 Und auch die Gewerkschaft für Erziehung und Wis- senschaft (GEW) hat schon vor etwa zehn Jahren ein Umsteuern in der Ausbildung von Lehrern und in der Einstellungspolitik gefordert, wurde aber von den politisch Verantwortlichen nicht gehört. „Der Lehrermangel ist, wie der Personalmangel im öffentlichen Dienst, ein Ergebnis verfehlter Spar- politik“, so Jens Risse, stellvertretender Vorsitzen- der der GEW Sachsen. Die Konsequenzen dieser „verfehlten Sparpolitik“ müssen heute Schüler, Eltern und auch die Lehrer selbst ausbaden. Viele Schulen haben es nur unter großer Kraftanstrengung geschafft, dass zu Beginn des Schuljahres vor jeder Klasse ein Lehrer stand. Viele Schüler starteten ohne regulären Stunden- plan ins Jahr. Da bis zum Schluss noch Personal auf die Schulen verteilt wurde, konnten die Schu- len erst nach dem Start des Schuljahres die Stun- denpläne fixieren. Wo es vertretbar ist, wurden Stunden gekürzt. Der Freistaat Sachsen hat sogar ganz offiziell eine reguläre Kürzung der Stunden- pläne ab dem kommenden Schuljahr angekündigt. An vielen Kitas ist die Situation ähnlich kritisch, wie unser Exkurs zum Erziehermangel am Ende des Beitrags aufzeigt. Seiteneinsteiger: Von der Notlösung zur Normalität Vor vielen Klassen stehen heute Lehrer, die zuvor kein Lehramtsstudium absolviert haben. Quer- bzw. Seiteneinsteiger haben in einigen Bundeslän- dern, allen voran Sachsen und Berlin, einen Groß- teil der Neueinstellungen ausgemacht. In Berlin hatte nur etwa jeder dritte neu eingestellte Lehrer ein klassisches Lehramtsstudium. Die meisten der 2.400 neu eingestellten Lehrer sind Quer- bzw. Sei- teneinsteiger. In Brandenburg waren etwa 40 Pro- zent der neuen Lehrer Seiteneinsteiger, in Sachsen jeder Dritte. Seiteneinsteiger gab es schon immer, aber noch nie in dieser Größenordnung. Was eigentlich nur als Notlösung gedacht war, ist an vielen Stellen Normalität geworden. Kom- Es gibt eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die warnt: „Der Lehrkräfte- mangel kann für viele OECD Länder in den kom- menden Jahren zu einem Problem werden, da die Schüleranzahl steigt, während ältere Lehrer aus dem Schuldienst ausscheiden und nicht genug junge Leute in den Lehrberuf einsteigen.“ Das Be- merkenswerte an dieser Studie: Sie stammt aus dem Jahr 2003. In den vergangenen Jahren haben Experten immer wieder davor gewarnt, dass in Deutschland ein Lehrermangel droht. Gehört wur- den sie nicht. Der Deutsche Lehrerverband warnte 2012, als vie- le Lehrer keinen Job fanden: „Bis 2022 sind rund 400.000 der derzeit aktiven knapp 800.000 Lehrer in Deutschland aus Altersgründen nicht mehr im Dienst. Selbst bei unveränderten pädagogischen Rahmenbedingungen müssen diese Lehrer trotz leicht rückläufiger Schülerzahlenentwicklung zum größten Teil ersetzt werden.“ Der Präsident des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, ärgert sich über die Politik: „Mit Sicherheit haben viele Schulministerien in den letzten Jahren ihre Haus- aufgaben nicht gemacht, also z.B. weder Geburten- statistiken genau analysiert noch rechtzeitig auf den seit sieben Jahren beobachtbaren Geburten- anstieg reagiert.“ Statt mehr Lehrer auszubilden, hätten die Universitäten Studienplätze abgebaut. Redaktion: Anett Linke, Foto (links): Steffen Schwenk (light impression) Leere statt Lehre Der Lehrer- und Erziehermangel beschäftigt viele Familien: Wir geben einen aktuellen Überblick „Es ist ein Skandal, dass noch im letzten Wintersemester an vielen Hochschulen für die Aufnahme eines Grundschul-Lehramtsstudiums Noten- schnitte von 2,0 und besser verlangt wurden, obwohl bereits ein massiver Lehrermangel herrschte.“ Heinz-Peter Meidinger, Deutscher Lehrerverband »

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