lausebande-12-2018

Titelthema :: Seite 51 den sie nicht zu Beginn eines Schulhalbjahres ein- gestellt, sondern unterjährig, erfolgt die Qualifizie- rung ausschließlich berufsbegleitend. Genau das sieht Günther Fuchs kritisch: „In der Praxis ist es noch oft so, dass die Seiteneinsteiger erst einmal anfangen zu unterrichten und dann berufsbegleitend neben ihrer Lehrtätigkeit qualifi- ziert werden. Das ist ein untragbarer Zustand. Und dort, wo wir besonders Fachleute bräuchten, näm- lich an den Grundschulen und Oberschulen, haben wir leider besonders viele Seiteneinsteiger.“ Am Ende gilt für die Seiteneinsteiger das Gleiche wie für die klassisch ausgebildeten Lehrer: Es gibt unter ihnen solche, die haben jetzt genau den rich- tigen Beruf gefunden – sie sind eine Bereicherung für Schüler und Kollegen. Und es gibt jene, die ih- ren Beruf offenbar verfehlt haben. Sowohl der Lan- deselternrat als auch das Bildungsministerium in Brandenburg erklärten auf lausebande-Nachfrage, dass bisher die positiven Erfahrungen überwiegen. Ulrike Schwentner verwies beispielweise darauf, dass einige der Seiteneinsteiger bereits den Lehrer- preis des Landes gewonnen haben: „Es kommt hier eben noch mehr auf das persönliche Engagement des Einzelnen an.“ Wie reagiert die Politik auf den Lehrermangel? Nun, wo wir einmal in diesem Schlamassel stecken, sollten wir einerseits natürlich schauen, wie sich solch ein drastischer Lehrermangel künftig vermei- den lässt. Dazu wollen wir zunächst einen Überblick geben, mit welchen Maßnahmen die Politik die der- zeitige Situation entschärfen will: » Schweinezyklus: Wenn auf den Lehrermangel ein Lehrerüberangebot folgt Tatsächlich ist die genaue Planung des künf- tigen Lehrerbedarfs eine Herausforderung: Bekannt sind die Geburten und damit die künfti- gen Einschulungen, ebenso die Altersstruktur der Lehrer. Es gibt aber auch viele unsichere Faktoren: Wie wird sich die Geburtenzahl weiterentwickeln? Wie viele Menschen wandern aus einer Region ab, wie viele Menschen kommen zurück? Wie vie- le Lehrer gehen vorzeitig in den Ruhestand? Wie viele Lehramtsstudenten beenden tatsächlich ihr Studium und werden dann als Lehrer tätig? Und dann gibt es noch die gänzlich unvorhersehbaren Ereignisse, wie beispielsweise der jüngste Zustrom von Flüchtlingen. Unter ihnen waren viele Famili- en mit Kindern in schulpflichtigem Alter, die den Lehrermangel nochmals verschärft haben. Zu den demografischen Faktoren kommen noch bildungs- politische Entscheidungen. In Brandenburg waren das beispielsweise die Absenkung der Unterrichts- verpflichtung für Lehrkräfte und der Mehrbedarf für die Umsetzung des Konzepts ‚Gemeinsames Lernen in der Schule‘. Zu diesen ohnehin schon schwer planbaren Zahlen kommt die Angst der Politik vor dem sogenann- ten Schweinezyklus. Der besagt, dass auf einen Lehrermangel meist ein Lehrerüberangebot folgt. Und auch das sächsische Kultusministerium ver- weist darauf: „Anfang der 1990er-Jahre hatten wir die umgekehrte Situation: Zu viele Lehrer für zu wenige Schüler. Aufgrund dieser Situation wurde zwischen den Gewerkschaften und der Staatsre- gierung ein Kompromiss geschlossen: Kein Lehrer wird gekündigt, dafür wurden Teilzeitverträge und so gut wie keine Neueinstellungen beschlossen. Daraus resultierte eine ungesunde Altersstruktur im Lehrerzimmer – weswegen jetzt der Generati- onswechsel große Lücken reißt.“ Ein weiteres Beispiel: Wenn wie derzeit der Leh- rermangel an Grundschulen ein großes Thema ist, fangen sehr viele Abiturienten dieses Lehramts- studium an. Gleichzeitig gehen die Anfängerzah- len für ein Lehramtsstudium Gymnasium zurück, da dort derzeit eher ein Überangebot an Lehrern herrscht. In fünf bis sieben Jahren werden dann sehr viele Grundschullehrer mit dem Studium fertig sein. Dann aber sind die geburtenstarken Jahrgänge durch die Grundschule durch. An den Gymnasien wiederum wird dann ein erhöhter Lehrerbedarf bestehen – bei zu wenig Absolven- ten. Was kann man nun dagegen tun? Lehrerver- bandspräsident Meidinger rät: „Ich plädiere dafür, in Zeiten eines guten Lehrerangebots über Bedarf einzustellen, um vorzusorgen für die darauffolgen- den Mangelzeiten. Durch solche Maßnahmen wür- de man auch der ungleichmäßigen Verteilung der Alterskohorten entgegenwirken. Sinnvolle pädago- gische Aufgaben für diese Zusatzeinstellungen gibt es genügend.“ »

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