lausebande-12-2018
Titelthema :: Seite 53 Ein weiterer Punkt, damit der Lehrerberuf attrakti- ver wird, wäre eine Entlastung in der Arbeitszeit. Deutsche Lehrer unterrichten pro Woche durch- schnittlich zehn Stunden mehr als ihre Kollegen in Finnland. Durch die knappe Personalausstattung an den Schulen lassen sich Ausfälle durch Krank- heit oder Mutterschutz kaum kompensieren. Eltern von Schülern mit hohem Stundenausfall können ein Lied davon singen. In Sachsen lag der Unter- richtsausfall im vergangenen Schuljahr an den Grundschulen bei 3,8 Prozent, an den Oberschu- len bei 5,4 Prozent und bei den Gymnasien bei 4,1 Prozent. Die Landesregierungen sind bisher nicht gewillt, die sogenannte Vertretungsreserve aufzu- stocken. Derzeit liegt sie in Brandenburg bei drei Prozent, der Vertretungsbedarf ist in den vergan- genen acht Jahren von acht auf zwölf Prozent ge- stiegen. Davon fällt zwar nach Ministeriumsanga- ben „nur“ etwa zwei Prozent tatsächlich aus. Das heißt aber auch, dass zehn Prozent, also etwa jede zehnte Unterrichtsstunde, nicht regulär stattfindet, sondern von einem anderen eventuell fachfremden Lehrer oder in einem anderen Fach gehalten wird oder stattdessen Stillarbeit stattfindet. Bildungsausgaben – viel hilft viel? Die Schulen brauchen also mehr Personal – mehr Lehrer, aber auch andere Berufsgruppen. Dafür braucht es zunächst einmal mehr Geld. Da stellt sich die Frage, ob ein vergleichsweise reiches Land wie Deutschland zu wenig Geld für Bildung diesen Beruf. Mit der geforderten Inklusion wird die Schülerschaft noch heterogener, als sie es ohnehin ist. Schule ist längst nicht mehr nur ein Ort zur Wissensvermittlung. Dort müssen Lehrer zunehmend versuchen, das auszugleichen, was manche Elternhäuser versäumt haben. Sie müssen Kinder erziehen statt unterrichten. Eigentlich ist das aber nicht ihre Aufgabe, weder sind sie dafür ausgebildet, noch haben sie dafür Zeit. Da Schule immer mehr leisten muss, fordert Bil- dungsexperte Maaz mehr Unterstützung der Lehrer beispielsweise durch Sozialarbeiter und Psycho- logen: „Es braucht an den Schulen auch andere pädagogische Berufe. Teilweise erleben wir das bereits im Zuge des Ausbaus von Ganztagsange- boten. Aber für den Kernbereich Schule wird das noch nicht in dem Maße umgesetzt, wie ich mir das wünschen würde.“ „Angesichts der vor den Bildungseinrichtungen in ganz Deutschland stehenden Herausforderungen brauchen wir dringend eine gesellschaftliche Debatte, was Schule leisten muss, soll und kann. Ist Schule, so wie sie bei uns in Deutschland stattfindet, noch zeitgemäß?“ Jens Risse, GEW Sachsen » » ohne Universitäten, Angaben in US Dollar (2015), Quelle: OECD
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