lausebande-12-2018
Titelthema :: Seite 55 nation. Wichtigstes Kriterium ist ein ausführliches Auswahlgespräch mit dem Bewerber. Dort wird nach seiner Motivation gefragt, es wird geschaut, ob er Charisma hat und ob er gut mit Kindern ar- beiten kann. Es steht weniger das Fachwissen im Vordergrund, sondern mehr die pädagogischen Kompetenzen. Günther Fuchs von der GEW Bran- denburg bestätigt: „Finnische Lehrer sind als Ex- perten für das Lernen wertgeschätzt, der Schwer- punkt liegt auf ihrer pädagogischen Ausbildung.“ Das Schüler-Lehrer-Verhältnis ist in Finnland weniger autoritär: Die Schüler duzen ihren Lehrer und sprechen ihn mit dem Vornamen an. Soziale Durchlässigkeit des Bildungssystems: In Deutschland hängt es noch immer stark vom El- ternhaus ab, ob man ein Gymnasium besucht oder eine Oberschule. Kinder, deren Eltern Abitur haben bzw. Akademiker sind, legen mit höherer Wahr- scheinlichkeit das Abitur ab. In Finnland dagegen gelingt es, alle Schüler unabhängig von ihrem so- zialen Status mitzunehmen. Als einen Grund da- für sehen Experten das lange gemeinsame Lernen an finnischen Schulen, wo erst nach der neunten Klasse entschieden wird, ob man das Abitur ab- legen möchte. Bis zur sechsten Klasse werden die Schüler v.a. von ihrem Klassenlehrer unterrichtet, Fachlehrer werden erst ab Klasse sieben wichtig. Zudem gilt das Prinzip der nahen Schule: Es gibt relativ viele Schulen und diese haben durchweg einen guten Ruf. Die Schulwahl richtet sich nach dem Wohnort, so will man verhindern, dass sich bildungsstarke Familien besonders angesehene Schulen aussuchen und so Brennpunktschulen Vorbild Finnland? Wie könnte der Lehrerberuf in Deutschland attrak- tiver werden? Wie kann das Bildungssystem so ausgestaltet werden, dass Lernen und Lehren wie- der mehr Freude machen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, wird gern auf den PISA-Spitzen- reiter Finnland verwiesen. Immer wieder pilgern Delegationen von Bildungspolitikern und Pädago- gen in das skandinavische Land, um zu schauen, was die Finnen womöglich besser machen als wir Deutschen. An Finnlands Bildungssystem gelten vor allem folgende Punkte als vorbildlich: Hohes Ansehen des Lehrerberufs: Anders als in Deutschland ist der Lehrerberuf in Finnland sehr hoch angesehen, Lehrer erhalten eine ähnliche Wertschätzung wie Ärzte oder Anwälte. Das span- nende daran: Finanziell begründet kann dieses Ansehen kaum sein, Lehrer verdienen in Finnland deutlich weniger als in Deutschland. Um Lehrer zu werden, muss man in Finnland wie in Deutsch- land studieren. Die Zahl der Bewerber in Finnland ist hoch, aber nur etwa zehn Prozent der Bewerber werden tatsächlich genommen. Auswahlkriterien sind anders als in Deutschland weniger der Noten- durchschnitt oder die gewünschte Fächerkombi- » In Finnland sind Lehrer so hoch angesehen wie Ärzte oder Anwälte. » Finnland Deutschland Durchschnitt Lesekompetenz 556 509 493 Mathematik 511 506 490 Naturwissen- schaften 531 509 493 Quelle: PISA 2015/ OECD Foto: jcomp / Freepik
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