Interview :: Seite 39
Welche Rolle hat denn Musik in ihrer Familie ge-
spielt und welche spielt sie noch – können Sie das
Berufliche überhaupt vom Privaten trennen?
Viele
sind überrascht, wenn sie erfahren, dass meine
Kinder jetzt zwischen 17 und 37 alt sind. Die wa-
ren aber auch mal klein. Ich habe damals Musik
studiert und als Musiker im Studio Geld verdient.
Dann hatten wir eine kleine Wohnung, das erste
Kind kam, dann das zweite – und mein Keyboard
stand in der Küche herum. Da fing ich an, den Kin-
dern Lieder vorzusingen. Als sich eines unserer
Kinder beimWickeln immer wehrte, habe ich spon-
tan ein Wickellied entwickelt, das ihn beruhigt
hat. Als David später mit sechs Jahren eingeschult
wurde, habe ich vergeblich Einschulungslieder ge-
sucht und musste die dann selber machen. So sind
meine Kinder mit meinen Liedern und meiner Mu-
sik groß geworden. Das ich dann mal auf Bühnen
stehe und das über so viele Jahre mache und dann
auch so erfolgreich, darüber habe ich damals über-
haupt gar nicht nachgedacht.
Durch ihre Arbeit haben Sie beständig Kinder um
sich, fragten Ihre Kinder oder fragen jetzt ihre En-
kel nicht manchmal: Warum spielt er mit denen
und nicht mit mir?
Nein. Wir haben unsere Kinder
oft zu den Vorstellungen mitgenommen. Manch-
mal schliefen sie auch hinter der Bühne, wenn sie
müde waren. Wenn sie das aber mitbekommen ha-
ben, wie Papa auf der Bühne steht, waren sie im-
mer ganz stolz.
Bei vier Kindern ist es sicher oft nicht einfach, Ar-
beit und Familie unter einen Hut zu bekommen.
Wie haben Sie es geschafft, dass beim Musiker-
leben zwischen Studio, Tour und TV die Familie
nicht zu kurz kommt?
Sicher ist sie manchmal zu
kurz gekommen. Wir mussten auch erstmal lernen,
das alles zu organisieren. Der Erfolg kam ja nicht
geplant. Im Grunde genommen war ich zur rich-
tigen Zeit an der richtigen Stelle. Es gab damals
kaum Lieder für die Kleinen. Angefangen hat
Detlev Jöcker ist seit Jahren der erfolg-
reichste Kinderliedermacher Deutsch-
lands. Dabei legt er bei seinem Liederpro-
gramm besonderen Wert auf ein pädagogisches
Konzept – was man auch den vielfältigen Angebo-
ten seines Verlags „Menschenkinder“ anmerkt. Als
Vater von vier Kindern weiß Detlev Jöcker, welche
Bedürfnisse kleine Schützlinge haben – und wie
man sie mit modernen und heiteren Kinderliedern
nicht nur unterhält, sondern gleichzeitig in ihrer
Bewegung und Motorik fördert. Er bietet mit seiner
Musik auch eine hervorragende Basis für eine enge
Beziehung zwischen Erziehern und Kindern – und
natürlich auch für Eltern, die zu seinen Songs mit
den Kleinen im Kinderzimmer tanzen. Wir spra-
chen mit dem umtriebigen König aus Tamusiland:
Sie sind immerhin schon 60 Jahre und machen im-
mer noch wunderschöne Kinderlieder – wird einem
das nicht irgendwann zu kindisch?
Nein überhaupt
nicht. Wir Erwachsenen nehmen oft auch unser in-
neres Kind mit durch Leben und stoßen genau wie
Kinder immer wieder an Grenzen. Egal ob es dabei
um Freundschaften oder eine Partnerschaft geht
– und in der Rückschau merken wir dann, wie
sehr unsere Kindheit uns beeinflusst hat. Das erle-
be ich in meinem Beruf durch die Arbeit mit und
für Kinder ja tagtäglich und setze mich viel da-
mit auseinander, wo die Quelle zur Liebesfähig-
keit, zur Freundschaftsfähigkeit und zum sozialen
positiven Verhalten liegt. Vielleicht habe ich des-
halb auch so wenig graue Haare und sehe jünger
aus als andere. Mein Beruf hat also nicht nur etwas
damit zu tun, Kinderlieder zu schreiben. Ich sehe
das alles auch als wesentlichen Bestandteil mei-
ner Persönlichkeitsentwicklung. Das hat mit kin-
disch nichts zu tun. Es lässt mich aber als 60-jäh-
rigen Großvater zweier Enkel die Welt ein bisschen
anders sehen, sicher mit mehr Spaß und Freude als
bei manch anderem. Eine ganz wichtige Voraus-
setzung bei allem ist aber: Mann muss Kinder mö-
gen. Und ich mag Kinder.
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