Seite 16 - lausebande-04-2011

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Titelthema :: Seite 16
Vorleseverhalten. In dem Gefühl, dass sich nun
die Schule um die Lese- und Sprachentwicklung
der Kinder kümmert, vernachlässigen viele Eltern
ihre Vorlese-Rituale und lesen immer weniger vor.
Aber ausgerechnet in diesem Alter, in dem Kinder
Schritt für Schritt das Selber-Lesen entdecken, ist
das Vorlesen zu Hause und das Gespräch mit den
Eltern äußerst wichtig. Eine Studie der Stiftung
Lesen ergab, dass nach der Einschulung 33% der
Kinder, denen nicht vorgelesen wird, sich explizit
Vorlesestunden wünschen. Nach der Einschulung
steigt die Nachfrage der Kinder nach Vorlesen so-
gar, aber von den Eltern wird durchschnittlich
deutlich weniger vorgelesen!
Lesen fördert die Gehirnstruktur
Während beim Vorlesen in den ersten Kinder-
jahren vor allem der Interaktion mit den Eltern und
der Sprachentwicklung eine besondere Bedeutung
zukommt, geht die Post im Gehirn beim selbstän-
digen Lesen erst so richtig ab. Welche Entwick-
lungsimpulse Lesen verleiht, untersucht die Hirn-
forschung als recht junge Forschungsdisziplin. Sie
lieferte ab Mitte der 90er Jahre erste Ergebnisse zu
den erstaunlichen Vorgängen beim Lesen im Ge-
hirn. Seitdem ist klar, dass Lesen DER zentrale re-
ferentielle Prozess zur Entwicklung des Gehirns ist.
Einfach gesagt: Wer früh viel liest, dessen Gehirn
wird leistungsfähiger als das von Nichtlesern.
Die Prozesse beim Lesen im Gehirn lassen sich
wie folgt erklären: Beim Lesen werden optische
Reize in Form von Buchstaben von Sinneszellen
im Auge in Informationen umgewandelt, die an
Nervenzellen in das Gehirn weiter gegeben wer-
den. Eine moderne Erkenntnis der Hirnforschung
ist dabei, dass bereits diese Informationen im Ge-
hirn räumlich verteilt werden, also von verschiede-
nen Regionen des Gehirns mit unterschiedlichen
Kompetenzen verarbeitet werden. Durch „Zusam-
menarbeit“ dieser räumlich getrennten Kompeten-
zen entsteht dann beim Lesen die Wahrnehmung
unterschiedlicher Buchstaben und Wörter. Aber
damit nicht genug: Lesen integriert darüber hinaus
im Gehirn ebenfalls räumlich verteilte Aktivitäten
ganz unterschiedlicher Qualität. So laufen Infor-
mationsaufnahme, Speicherung und emotionale
Bewertung des Gelesenen parallel ab. Lesen integ-
riert dabei die Aktivitäten der linken Gehirnhälfte,
die für die abstrakte Orientierung nach außen, also
die Konzentration auf Texte, Informationsaufnah-
me und Informations-
Gerade nach der Einschulung ist das
Kindern-Vorlesen und das Gespräch mit
den Eltern besonders wichtig
Nicht jedes lesefaule Kind
hat einfach keine Lust?
Nein,
es gibt Kinder mit visuellen
Wahrnehmungsstörungen. Vi-
suelle Wahrnehmung ist die
Fähigkeit, visuelle Reize zu
erkennen, zu unterscheiden
und sie durch Vergleichen mit
früheren Erfahrungen zu interpretieren. Bei Kin-
dern kann bei der Interpretation der Information
im Gehirn eine Störung vorliegen, sodass die von
den Augen aufgenommenen Informationen nicht
richtig verarbeitet werden können.
Woran merke ich, dass mein Kind nicht
von Leseunlust sondern von einer solchen
Störung betroffen ist?
Neben Leseunlust gibt es
verschiedene sichtbare Zeichen: Das Schiefhalten
des Kopfes oder eine schiefe Körperhaltung beim
Lesen, das Verwechseln von Buchstaben – z.B. d
mit b oder q mit p, das Weglassen oder Dazuerfn-
den von Buchstaben oder Silben, ein langsames
oder stolperndes Lesen sowie Augenreiben und
Kopfschmerzen.
Kann einem Kind mit visuellen Wahrneh-
mungsstörungen geholfen werden?
Ja. Es gibt
verschiedene Therapieformen, die eine teils deut-
liche Besserung ermöglichen.
Ines Fettke
Augenoptikermeisterin & Funktionaloptometristin
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