Aktuelles :: Seite 14
Das Theatercafé
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Väter und Töchter
Die Anekdote ist höchst aufschlussreich: Eva König, die
spätere Eva Lessing, schrieb ihrem Verlobten Gotthold
Ephraim Lessing am 15.7.1772 aus Wien über eine dortige
Aufführung der „Emilia Galotti“, einem vier Monate zuvor
uraufgeführten Trauerspiel Lessings. Der Kaiser, so berich-
tete sie, habe gesagt, dass er in seinem Leben in keiner Tra-
gödie so viel gelacht habe. Lessing muss ein Schrecken tief
in alle Glieder gefahren sein: Eine junge Frau, seine Emilia,
weiß sich in ihrer Seelennot nicht anders zu helfen, als den
eigenen Vater um den Tod zu bitten und der Kaiser des Hei-
ligen Römischen Reiches, ein für seine Zeiten aufgeklärter
Geist, lacht. Damit hatte Lessing nicht gerechnet. Was den
Monarchen zum Lachen brachte, war der Umstand, dass
eine junge Frau aus Angst, verführt zu werden, den Tod
wählt. Und dass ein Vater die Bitte seines Kindes mit einem
Messer erfüllt! Für den Kaiser damals, der die sexuell frei-
zügigeren Verhältnissen seines Standes genoss, wie für uns
ein absurdes Geschehen. Das Entdecken der eigenen Sexu-
alität, das Recht zu lieben, wen man will – sie sind für uns
ganz selbstverständlich. Nicht einfacher geworden ist es
allerdings, in all dieser Freiheit die Balance zu finden zwi-
schen eigenem Fühlen und moralischen Normen, gerade
weil diese Normen nicht mehr als öffentlich sanktionierte
Moral, sondern als innere Richtschnur erlebt werden. Was
einst für den Kaiser galt, gilt heute für alle: Über uns wa-
chen nur wir. Unsere Kinder müssen das selbst erfahren,
besser aber mit Freude erleben. Mit vollem Risiko, dabei
„gegen die Wand zu fahren“. Und dann immer noch einen
Vater zu haben, der seine Tochter in den Arm nimmt – so
fest, dass kein Messer zwischen sie passt.
EMILIA GALOTTI Trauerspiel von G. E. Lessing
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Seenlandtage
am 22. & 23.4.
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den Sie im lausebande-Terminkalender oder auf:
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