Seite 37 - lausebande_09-2013

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Titelthema :: Seite 37
um Kitagebühren in Cottbus verfolgt hat, dem wird
schnell klar, wie unbedeutend vielen Beteiligten die
Qualität ist. Leider werden Kitas bei uns als Kosten-
und nicht als Zukunftsfaktor gesehen. Hier steht
Deutschland auch sein traditionelles Familienbild
im Weg, in dem Kitas zur Betreuung und maximal
zur Erziehung da sind, Bildung aber durch die El-
tern abgesichert wird. In anderen Ländern verfügen
Kitas über detailliert ausgearbeitete Bildungspläne
und sind als Vorstufe auch fest mit dem Bildungs-
system verbunden. In Deutschland fehlt ein bundes-
einheitliches Verständnis dafür, wie Kinder in den
Kitas gebildet, erzogen und betreut werden sollen.
Verbindliche Bildungspläne und Raum- oder Perso-
nalstandards sind kaum vorhanden. Brandenburg
verfügt zudem über den zweitschlechtesten Erzie-
herschlüssel im Bundesvergleich – ein entscheiden-
des Qualitätsmerkmal.
Über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird
politisch viel geredet, in den skandinavischen Län-
dern kann man sich aber anschauen, wie das mit
ernsthaftem Willen auch umgesetzt werden kann.
Die traditionelle deutsche Familienpolitik führt zu
immensen Transferzahlungen an die Familie, z.B.
über das Kindergeld, das Elterngeld, das Betreu-
ungsgeld und verschiedene Steuermodelle, anstatt
diese immensen Summen in eine vernünftige früh-
kindliche Bildung, Erziehung und Betreuung sowie
das Schulsystem zu stecken. Dadurch könnten Bil-
dungsverlierer am ehesten verhindert werden – ge-
nau jene, die den Staat später Milliarden an Sozial-
leistungen kosten. Aber in Deutschland wird nach
wie vor lieber repariert und hinterher Versäumtes
teuer bezahlt, statt vorn in Kitas und Bildung zu
investieren. Das haben viele andere Länder schon
begriffen, aber wahrscheinlich lassen sich damit
schwer Wahlen gewinnen: Transferleistungen an
Familien und Wähler-Haushalte runter und Ausga-
ben für Kitas und Bildung steigern.
Schule im Land Brandenburg
Die Struktur der Brandenburger Schule kann sich
im Bundesvergleich wirklich sehen lassen. Was
viele Bildungsexperten in anderen Bundeslän-
dern fordern, ist hier schon Realität. Das längere
gemeinsame Lernen in sechs Grundschuljahren,
flexible Eingangsstufen in vielen Grundschulen,
ein Verzicht auf die Hauptschule, selbst das große
Vorhaben „Inklusion – Schule für alle“ ist auf den
ersten Blick als beispielhaft zu bezeichnen. Wirft
man aber einen gründlichen Blick hinter die Kulis-
sen, tauchen viele Probleme auf. Die Lehrerschaft
ist überaltert und der Unterrichtsausfall beträgt teils
bis zu 10 Prozent. Da vertretene Unterrichtsstun-
den unabhängig von der fachlichen Qualifikation
des Vertretungslehrers nicht als Unterrichtsausfall
zählen, spricht das Land von nur ca. 2 Prozent –
allerdings gelernt und vermittelt wird dann nicht
immer etwas. Die Lehrerschaft samt Gewerkschaft
geht inzwischen offen gegen das Ministerium auf
die Barrikaden und fordert mehr Personal und
mehr Entlastung für die Lehrer. 1,5 Milliarden gibt
Brandenburg jährlich für das Bildungssystem aus,
laut Lehrergewerkschaft müssten es 200 Millionen
mehr sein, vor allem für Personal. Die knappen
Finanzen bei Land und Kommunen führen dazu,
dass trotz deutlich zunehmendem Bedarf kaum So-
zialarbeiter oder Sonderpädagogen an den Schulen
zur Verfügung stehen. Viele Schulen weisen einen
erheblichen Reparaturstau und Sanierungsbedarf
auf, während in ausgewählte Schulen Millionen
investiert werden. Ein gutes Beispiel liefert Cottbus,
wo die Sportbetonte Schule über Sportanlagen für
Olympioniken und das Steenbeck-Gymnasium über
einen futuristischen Neubau verfügen, während in
anderen Schulsporthallen und Schulgebäuden die
Deckenplatten herabfallen. Ausgerechnet Schulen
in sozialen Brennpunkten bräuchten dabei eine
bessere Ausstattung. Das zeigt das Beispiel der einst
viel diskutierten Berliner Rütli-Schule: Heute ist der
moderne Rütli-Campus auch zum multikulturellen
Lebensraum für Schüler und Familien vieler Natio-
nen geworden und die Abschlussquote der Schüler
ist phänomenal gestiegen.
Im Bundesvergleich kann man derzeit wenig über
die Leistungsstärke des Brandenburger Schulsys-
tems aussagen, da schlichtweg keine aktuellen Ver-
gleichszahlen öffentlich sind. Auch wenn die Bun-
desländer Vergleichstests schreiben lassen, sind
dazu keine Ergebnisse zu finden und werden selbst
wichtigen Instanzen für die Evaluation von Bildung
nicht zur Verfügung gestellt.
Ein großes Manko lässt sich allerdings vergleichen:
Brandenburg zählt zu den vier Bundesländern mit
den meisten Bildungsverlierern, also Jugendlichen
ohne Hauptschulabschluss. Das sieht aber bei allen
Neuen Bundesländern ähnlich aus. Trotz deut-
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