Titelthema :: Seite 32
Opfer können höchst unterschiedlich an einem
Mobbing leiden. Das Fatale: Meist geben sie sich
selbst die Schuld und lernen, dass sie keine Hilfe
erhalten. Da sie sich immer weniger wehren, sind
sie ständigen Angriffen ausgesetzt und können
ein permanentes Angstgefühl entwickeln. Anstatt
die Probleme bei Eltern oder Leitungspersonen
anzusprechen, schämen sich die Opfer meist und
schweigen. Die ständige Angst vor neuen Angrif-
fen führt zu Stress, der auch krank machen kann.
Opfer suchen oft Fehler bei sich selbst. Sie fragen
sich, warum gerade ihnen das passiert, was als
nächstes passiert und mit wem man darüber spre-
chen könnte. Das Selbstwertgefühl bricht in sich
zusammen, körperliche Beschwerden setzen ein
und die Unternehmungslust lässt nach. Bei kör-
perlicher Gewalt kommen zusätzlich Verletzungen
hinzu, für die sie Erklärungen erfinden müssen.
Resultierende Persönlichkeitsstörungen können
bis zu bleibenden Bindungsängsten, Beziehungs-
problemen und starken psychosomatischen Stö-
rungen selbst im Erwachsenenalter führen. Die
Erfahrungen mit Kränkungen, die vom Umfeld
toleriert wurden, können zu einem stark gestörten
Sozialverhalten führen. Das betrifft z.B. Angst vor
öffentlichen Auftritten, sei es auch nur das norma-
le Gespräch in einer kleinen Gruppe.
Das alles kann dazu führen, dass Schulnoten absa-
cken, Kinder passiv und inaktiv werden und Ver-
sagensängste aufbauen. Mobbingstress ist immer
auch Schulstress. Kommt aufgrund schlechterer
Noten dann auch noch Druck von den Eltern hin-
zu, kann das Opfer in einen Teufelskreis geraten.
Wo eigentlich Hilfe sein müsste, erfährt es zusätz-
lich Demütigung und kann noch mehr zur Über-
zeugung gelangen, selbst das Problem zu sein. Im
schlimmsten Fall kann Mobbing zu Selbstmordge-
danken oder eigener Gewaltausführung auch in
der Zukunft führen.
Was tue ich gegen Mobbing?
Ist man sich sicher, dass das eigene Kind Mob-
bingopfer ist, ist der wichtigste Schritt: Mit seinem
Kind sprechen! Zeigen Sie, dass Sie für Ihr Kind da
sind! Sprechen Sie mit ihm, das hilft vielen Kin-
dern am besten, Probleme aufzuarbeiten. Kinder
sollten dabei nicht das Gefühl haben, dass das
Mobbing Thema Nummer 1 ist. Es sollte sich nicht
bei jeder Begegnung an die Situation in Kita oder
Schule erinnert fühlen. Im Hintergrund sollten Sie
aber aktiv werden und professionelle Hilfe suchen.
Gehen Sie nicht gleich selbst auf Erzieher, Lehrer
oder sogar den Mobber zu! Ermutigen Sie Ihr Kind
bei einem bereits andauernden Mobbing nicht,
sich zu wehren. Damit kann sich die Situation
noch verschlimmern – und das eigentliche Opfer
gibt sich auch noch die Schuld am Mobbing, weil
es sich ja eigentlich nur richtig wehren müsste.
Die Gesprächskonfrontation mit dem Mobber und
dessen Eltern ist immer ein wichtiger Schritt, um
das Problem aufzuarbeiten. Dabei sollten aller-
dings Sozialarbeiter und/oder Pädagogen mit an-
wesend sein. Nur gemeinsam kann man solche
eingefahrenen Konfliktsituationen auflösen. Das
sollte auch im Interesse der Eltern des oder der
Täter liegen, weil hier ein Abdriften in eine Dauer-
situation möglich ist, die in deren Verhalten auch
außerhalb der Schule zum Tragen kommen kann.
„Diese Mobbinghandlungen sind völlig normal,
so ist das eben in der Pubertät, das dient der
Positionierung innerhalb einer Rangordnung,
da muss man durch usw.
“
Das ist nur dann zutreffend, wenn diese Handlun-
gen zwischen gleich Starken stattfinden, innerhalb
eines kurzen Konflikts.
„Das Opfer ist selbst schuld“
Zu Beginn von Mobbing steht ein Konflikt auf
Grund eines Kommunikationsproblems, der nicht
zufriedenstellend gelöst wurde. Danach beginnen
die vorsätzlichen zielgerichteten Mobbinghandlun-
gen. Das Opfer hat keine Schuld.
„Das geht wieder (von alleine) vorbei.“
Es geht nicht vorbei, es nimmt kein Ende, wenn
nichts unternommen wird. Weder Eltern noch das
Opfer können das abstellen. Es ist die Pflicht der
Pädagogen, das Mobbingproblem zu lösen.
Irrtümer von Schulen