Luxusartikel Kind – Teil 3

Datum: Donnerstag, 27. Oktober 2016 15:20

Erster Erfolg: Eltern können Geld zurückerhalten.


Seit zwei Ausgaben lässt uns das Thema rund um Kitagebühren nicht mehr los. In der vergangenen Ausgabe löste es bei uns große Irritation aus, wie sehr Belastungen einseitig an Eltern weitergegeben werden und trotz bestehender Regelungen Kommunen und Land fleißig wegschauen, wenn Eltern im krassen Gegensatz zur Gesetzeslage zur Kasse gebeten werden. Das war in der Vergangenheit vor allem beim Kitaessen so. Hier wurde jetzt der erste Erfolg erzielt. Eltern setzten in einer Klage am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg durch, dass ihr Kitaträger zuviel eingefordertes Essengeld über die laut Gesetz festgeschriebenen 1,70 Euro pro Tag hinaus zurückerstatten muss. Dieses Musterurteil macht den Weg auch für Eltern in Südbrandenburg frei, ihre Mehrbelastung zurückzufordern. Bei einer Familie mit zwei Kindern, die in den vergangenen zwei bis drei Jahren eine Kita besucht haben, können das unter Umständen satte 1.500 Euro sein. Wie man an das Geld kommt, das erfahren Sie auf diesen Seiten. Ebenso begleiten wir weiterhin den Kampf der Eltern in Cottbus gegen die aktuelle Erhöhung der Kitagebühren. Hier wird aktuell durch eine Elterngruppe eine Klage gegen die Stadt vorbereitet, für die sich DIE LINKE zur Übernahme der Anwaltskosten und des Prozessrisikos bereit erklärt hat. Dazu führten wir ein ausführliches Interview mit Matthias Loehr, Mitglied im Landtag Brandenburg für DIE LINKE.


Nun ist es amtlich: Brandenburger Eltern haben ein Recht auf Rückzahlung des von ihnen zu viel gezahlten Essensgeldes für die Mittagsversorgung an den Kitas. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat klagenden Eltern am 13. September 2016 Recht gegeben, ein Jahr zuvor hatte das Verwaltungsgericht in Potsdam dies bereits ebenso gesehen. Mit der erfolgreichen Musterklage können nun Eltern im gesamten Land bei ihrem jeweiligen Kitaträger die Rückerstattung ihres zu viel gezahlten Essengeldes einfordern. Wir haben bei Cottbuser Eltern nachgefragt. Die Rückforderung ist vom Träger und der Höhe des Essensgeldes in den vergangenen Jahren abhängig. Bei einem Kind können das schnell über 500 Euro sein, bei zwei Kindern in einem Fall knappe 1.500 Euro, die nun zurecht zurückgefordert werden können. Es lohnt sich also, jetzt zu handeln und den Rückerstattungsanspruch geltend zu machen!


Was steckt hinter dem Urteil?
Laut Kitagesetz des Landes Brandenburg dürfen Kita-Träger für die Mittagsversorgung nur einen bestimmten Betrag erheben, aktuell sind das 1,70 Euro pro Tag. In vielen Kitas lagen und liegen die Beträge teils deutlich höher als gesetzlich vorgeschrieben. Bislang hat niemand im Land Brandenburg die Eltern vor diesen Gesetzesverstößen geschützt. Durch die erfolgreiche Musterklage wurde nun aber bestätigt, dass zu viel gezahltes Essensgeld und unter Umständen sogar der komplette Beitrag für das Essengeld zurückerstattet werden muss – und das rückwirkend bis zum Jahr 2013! Die Musterklage betraf leider nur Kitas in kommunaler Trägerschaft. Da für freie Kitaträger aber ebenso das Kitagesetz des Landes gilt, ist die Rechtslage natürlich vergleichbar. Deshalb sollten auch Eltern bei freien Kitaträgern ihren Anspruch geltend machen. Auch freie Träger werden sicher zahlen und das Risiko einer Klage bei der nun vorliegenden Rechtssprechung scheuen. Aufgrund der Urteile sagen die meisten Rechtsschutzversicherungen die Kostenübernahme zu, sodass im Prinzip kein Kostenrisiko für eine Klage besteht. Eltern haben ebenso die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen.
Unterm Strich ist das Urteil für tausende Eltern mit einem Rechtsanspruch auf meist hunderte, teils tausende Euro verbunden. Es lohnt sich, jetzt zu handeln!


Die Fakten zum Anspruch
In diesem Jahr kann das Essensgeld der Jahre 2013 (nur noch bis 31.12.2016!), 2014, 2015 und 2016 zurückverlangt werden. Das betrifft also auch Eltern, deren Kinder gar nicht mehr die Kita besuchen. Unter Umständen besteht ein Rückerstattungsanspruch sogar über die komplette Summe der gezahlten Essengelder. Besonders erfreulich für Eltern: Zuviel bezahlte Beträge der Eltern sind durch den Träger drei Jahre rückwirkend mit 5 % zu verzinsen.

Das Prozedere zur Rückerstattung
Zuerst sollten Eltern die Abweichung der von ihnen bezahlten Beiträge für das Essengeld von der jeweils in den zurückliegenden Jahren geltenden Regelung im Kitagesetz prüfen.
Betroffene Eltern, die zuviel gezahlt haben, müssen dann beim jeweiligen Kitaträger die Erstattung dieser zu viel gezahlten Beiträge geltend machen.
Bei Kitas in kommunaler Trägerschaft müssen sich Eltern an die jeweilige Stadt oder Gemeinde wenden.
Bei Kitas in privater Trägerschaft ist der jeweilige private Träger wie AWO, ASB etc. oder der entsprechende Trägerverein der Ansprechpartner.
3. Sollten die Träger die Erstattung ablehnen oder innerhalb der gesetzten Frist gar nicht reagieren, empfiehlt es sich, Klage beim zuständigen Gericht einzureichen.
Unser Tipp: Setzen Sie sich im Fall einer Betroffenheit mit anderen Eltern Ihrer (ehemaligen) Kita in Verbindung und handeln Sie gemeinsam. Das erhöht den Druck und gibt mehr Sicherheit. 


Ganz wichtig: Am Stichtag 31.12.2016 verjähren die Rückerstattungsansprüche für das Jahr 2013! Wer zu spät handelt, verliert so ein ganzes Jahr.


Urteil und Formulare zur Hilfe
Das Urteil ist zu finden unter: Urteil/Formulare . Dort sind auch Formulare hinterlegt, die für die Rückforderung des zu viel bezahlten Essengeldes beim Träger eingereicht werden können. (drei Jahre rückwirkend,
5 % Verzinsung)


Eltern helfen Eltern: Machen Sie mit!
Sie sehen wie sich der Einsatz weniger Eltern für viele auszahlen kann. Mit einem Blick nach Cottbus und die Klage (siehe Interview auf den folgenden Seiten) von Eltern in Sachen Kitagebühren kann auch Grundsätzliches entschieden werden, z.B. mit Blick auf Mindestbeiträge. Die Cottbuser Elterninitiative sucht dazu dringend weitere Eltern mit einer soliden Rechtsschutzversicherung. Hier können Sie Kontakt aufnehmen:

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